Blickpunkt Nottuln
28.09.2025
Blickpunkt Nottuln
Ein Bebauungsplan schafft klare Regeln für den Erhalt und die Entwicklung des wunderbaren historischen Ortskerns Nottulns. Ich bin immer wieder fasziniert, wenn sich mir auch durch die Kamera solche herrlichen, harmonischen Bilder historischer Städtebaukunst erschließen
Blickpunkt Nottuln
Unser historischer Ortskern ist einfach zu schön und zu wertvoll, um ihn den Spekulationen von Investoren zu überlassen, die größtenteils die Gewinnmaximierung im Sinn haben
Blickpunkt Nottuln
Der historische Ortskern besteht nicht nur aus der Stiftskirche, den Kurien und der Amtmannei, sondern wesentlich mehr zu schützenden und zu erhaltenden Gebäuden im Ortskern
Blickpunkt Nottuln
Ein wunderbarer Anblick: Aschebergsche Kurie und Amtmannei auf einen Blick, faszinierend, auch das hübsche kleine Gebäude rechts daneben fügt sich fantastisch ein. Mach einer erinnert sich noch daran, auch wenn es schon rund drei Jahre her ist, dass die historischen Gebäude in diesem anheimelnden Licht erstrahlten. Seitdem bemüht sich die Verwaltung um energiesparende Scheinwerfer

Denkmalschutz im historischen Dorfkern -Teil 1 -

Klare Regeln für die Erhaltung und Entwicklung des historischen Ortskerns

Es ist höchste Zeit zu handeln. Ein Bebauungsplan schafft klare und gerechte Regelungen für den Erhalt und die Entwicklung des historischen Ortskerns.
Ob die von der Gemeindeverwaltung angesprochene Gestaltungs- und Denkmalbereichssatzung die gleiche Wirkung entfaltet, ist zumindest fraglich. Vom Rechtscharakter her gesehen sind es allerdings alles Satzungen, auch der Bebauungsplan. Doch hat die Verwaltung mit der Erstellung von Bebauungsplänen die mit Abstand größte Erfahrung in den letzten Jahren sammeln können.

Außerdem kann die Gemeinde bei der Aufstellung eines Bebauungsplanes eine Veränderungssperre erlassen, die Veränderung von Bauten (Neu- und Anbauten) in dem betroffenen Ortsteil bis zum Inkrafttreten des geplanten Bebauungsplanes untersagt. Das ist der absolute Vorteil gegenüber einer Denkmalschutzsatzung.

Der Denkmalschutz nach dem Denkmalschutzgesetz bezieht sich größtenteils auf den Einzelfall, sprich einzelne unter Denkmalschutz bestehende Gebäude. In Nottuln soll aber ein historischer Ortskern und das Schlaunsche Erbe geschützt werden. In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass am 1. Juni 2022 ein neues Denkmalschutzgesetz in NRW in Kraft getreten ist, dass den Denkmalschutz nicht gerade verbessert. Wie der LWL bekannt gab, hat sich in Westfalen-Lippe die Zahl der Anträge auf vollständigen oder Teilabbruch von Baudenkmälern in den vergangenen sechs Monaten gegenüber dem halben Jahr zuvor fast vervierfacht. 

Die Gemeinde muss daher einen Bebauungsplan/Satzung entwickeln, der/die den ganzen historischen Ortskern schützt und den zukünftigen Abriss (wenn absolut nicht vermeidbar) und die Neubebauung so regelt, dass es zu keinen Beeinträchtigungen der historischen Gebäude und ihres Umfeldes sowie ihrer Blickachsen untereinander kommen kann. Darüber hinaus müssen sich Neubauten, wenn überhaupt zulässig, sich in ihrer Größe so einfügen und in ihrer äußeren Gestaltung so anpassen, dass das Gesamtbild des historischen Dorfkerns nicht beeinträchtigt wird. Die Festlegungen im Bebauungsplan müssen so präzise formuliert sein, dass es keine Schlupflöcher gibt. Ein rechtskräftiger Bebauungsplan gibt zukünftigen Investoren schließlich auch Rechtssicherheit, wenn sie sich mit ihrem Bauantrag an die Regelungen des Bebauungsplanes halten.

Andererseits werden auch bestimmte Nutzungen und Gestaltungen des Baukörpers vorgeschrieben sowie Bauvorhaben in ihrem Ausmaß und ihrer Nutzung eingeschränkt. Doch das ist sinnvoll und erhält oder schafft im Ortskern eine gewisse Attraktivität. Reine Wohnanlagen, die zudem noch einen erhöhten Platz- und Parkplatzbedarf haben und bei ihrer Umsetzung auch noch den Wegfall vorhandener Parkplätze nach sich ziehen oder die historischen Blickachsen verstellen und sich nicht in die Bebauung des historischen Ortskerns gestalterisch einfügen, haben hier nichts verloren. In Nottuln hat das Erbe von Johann Conrad Schlaun absoluten Vorrang! Desgleichen sind auch die anderen historischen Gebäude im Dorfkern zu schützen, um die Attraktivität des ganzen Dorfkerns zu erhalten, wie sie sich zum Beispiel am Kirchplatz auf den beiden Bildern oben links wieder spiegelt.

Es wird einige Zeit in Anspruch nehmen, einen derartigen Bebauungsplan oder wenn erforderlich eine andere Satzung zu erstellen, der oder die erst einmal rechtskräftig werden muss. Doch um die Übergangszeit zu überbrücken, besteht gemäß § 17 Baugesetzbuch die Möglichkeit, eine Veränderungssperre zu erwirken. Diese gilt erst einmal zwei Jahre und kann um ein Jahr verlängert werden und unter gewissen Umständen nochmals um ein weiteres Jahr (Näheres siehe Gesetzestext unten im Anhang).

Abschließend ist festzuhalten, dass nach wie vor der Grundsatz gilt: "Eine Gemeinde lebt von ihrem historischen Besitz" (Joseph Moehlen). Daran hat sich nichts geändert und wird sich auch nichts ändern, nicht einmal in 100 Jahren. Da brauch man nur an die antiken Tempel oder das Kolosseum in Rom denken, selbst 2000 Jahre nach ihrer Erbauung haben sie nichts von ihrer Attraktivität und Anziehungskraft verloren. Nun ist der hiesige historische Ortskern nicht ganz so attraktiv wie diese Bauwerke und zugegebenermaßen "etwas später" entstanden, dafür ist er aber auch viel besser erhalten. Zudem ist uns im Münsterland keine Gemeinde bekannt, die einen so herrlichen, von Schlaunscher Baukunst geprägten historischen Dorfkern besitzt. Eigentlich müsste dieser komplett unter Denkmalschutz gestellt werden.

Aus all diesen Gründen besteht im Schlaunschen Dorf Nottuln dringender Handlungsbedarf der Gemeindeverwaltung in Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat und den Ausschüssen. Darüber hinaus wäre es sicherlich sinnvoll, umgehend eine spezielle Projekt- bzw. Planungsgruppe mit den unterschiedlichsten Akteuren aus verschiedenen Bereichen zu bilden, um sofort mit der umfangreichen gemeinsamen Arbeit beginnen zu können, denn es ist längst an der Zeit, die Weichen für die Erhaltung und die Entwicklung unseres historischen Ortskerns zu stellen. Schließlich ist in naher Zukunft zu erwarten, dass weitere Gebäude im historischen Dorfkern den Besitzer wechseln und künftige Investoren stehen doch jetzt schon in den Startlöchern, umso schnell wie möglich ihre in der Regel auf Gewinnmaximierung ausgerichteten Bauvorhaben zu verwirklichen. Doch unser historisches Schlaunsches Dorf darf nicht zum Spielball der Spekulationen von Investoren werden, das ist mit allen juristischen Möglichkeiten zu verhindern!

Auch deshalb haben wir unseren umfangreichen 304 Seiten starken Bildband "Nottuln, ein starkes Stück Heimat" herausgegeben, indem wir uns auch mit dem historischen Ortskern und seiner Erhaltung beschäftigt haben, denn nach wie vor gilt: "Wer den barocken Ortskern von Nottuln nicht kennt, der kennt das Münsterland nicht!" (Nachzulesen auf den Seiten 13 bis 69; der Bildband ist in der Nottulner Stiftsbuchhandlung Esplör, die mitten im historischen Ortskern liegt, einsehbar und erhältlich).

Die Redaktion
Karin und Jürgen Gerhard 

Anhang:

Baugesetzbuch (BauGB) § 17 Geltungsdauer der Veränderungssperre

1) Die Veränderungssperre tritt nach Ablauf von zwei Jahren außer Kraft. Auf die Zweijahresfrist ist der seit der Zustellung der ersten Zurückstellung eines Baugesuchs nach § 15 Absatz 1 abgelaufene Zeitraum anzurechnen. Die Gemeinde kann die Frist um ein Jahr verlängern.
2) Wenn besondere Umstände es erfordern, kann die Gemeinde die Frist bis zu einem weiteren Jahr nochmals verlängern.
3) Die Gemeinde kann eine außer Kraft getretene Veränderungssperre ganz oder teilweise erneut beschließen, wenn die Voraussetzungen für ihren Erlass fortbestehen.
4) Die Veränderungssperre ist vor Fristablauf ganz oder teilweise außer Kraft zu setzen, sobald die Voraussetzungen für ihren Erlass weggefallen sind.
5) Die Veränderungssperre tritt in jedem Fall außer Kraft, sobald und soweit die Bauleitplanung rechtsverbindlich abgeschlossen ist.
6) Mit der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets oder des städtebaulichen Entwicklungsbereichs tritt eine bestehende Veränderungssperre nach § 14 außer Kraft. Dies gilt nicht, wenn in der Sanierungssatzung die Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 ausgeschlossen ist.