Blickpunkt Nottuln
27.09.2025
Blickpunkt Nottuln

Teil 3: Der Speicher Schürmann-Vehoff im Ortskern von Nottuln

Mitten im Dorfkern von Nottuln strahlt in der Abendsonne das gesamte Bauernhofensemble seine wohltuende Wirkung aus. Das trifft insbesondere auf den schönen unter Denkmalschutz stehenden Spieker zu, dessen gelber Sandstein ausgesprochen warm und anheimelnd wirkt. Wahrscheinlich wurde er im 15. Jahrhundert zusammen mit der spätgotischen Hallenkirche Sankt Martinus von denselben Handwerkern erbaut, die auch nach Fertigstellung in dem Spieker gewohnt haben. Darauf deuten zumindest der wunderbare gotische Kamin, die Wandschränke und Waschgelegenheiten aus Sandstein sowie einige Steinmetzzeichen hin.

Im Jahre 2013 wurde der Spieker als Kulisse für das historische Fest im Dorfkern genutzt. Märchenerzählerinnen in historischen Kostümen zogen die Kinder mit ihren Geschichten in den Bann. Heute dient der historische Spieker mit seinem romantischen Flair der Familie Schürmann-Vehoff für Familienfeiern.

Historische Gebäude brauchen viel Pflege
Erst kürzlich wurde der Spieker eingerüstet, um Pflegearbeiten an ihm durchzuführen: Die Wimpern an den Giebeln wurden offensichtlich erneuert und die Fassade gereinigt. So erstrahlt er wieder in neuem Glanze auf einem äußerst gepflegten historischen Anwesen, das den Dorfkern schon seit mehreren hundert Jahren prägt.

Ich denke noch gerne an die Zeiten zurück, als Wilhelm Schürmann-Vehoff (†) und unser Heimatforscher Hans-Peter Boer mit mir über die Entwicklung Nottulns in der alten Diele des Bauernhauses diskutierten. Wir saßen vor dem alten, wundervollen Kamin, dessen lodernde Flammen für eine anheimelnde Atmosphäre sorgten. Es war eine Zeit, in der die Bürger noch Einfluss auf die Politik hatten und zumindest der Erhalt des historischen Ortskerns in seiner Gesamtheit noch an erster Stelle stand. Dabei ist der historische Ortskern nach wie vor das Tafelsilber Nottulns, was offensichtlich einige in den letzten vier Jahren vergessen haben.

Denkmalschutz ist eine verpflichtende, hoch verantwortliche Aufgabe der Gemeinde
Was gab es in den letzten fünf Jahren nur für skurrile Ideen unter Bürgermeister Dr. Thönnes, wie das zu den historischen Gebäuden passende Fachwerkensemble abzureißen und durch einen modernen Anbau zu ersetzen oder das Abholzen der ein halbes Jahrhundert alten Eiben, die als ökologische Wächter an den Zugängen der historischen Kurien stehen. Hiervon scheint sich Bürgermeister Thönnes offensichtlich noch immer nicht verabschiedet zu haben. Eine Dauerplakatierung vor dem Rathaus (Kurie von Droste zu Senden) zeugt davon, doch dadurch wird eine so absurde Idee auch nicht besser.

Wir haben die triftigen, einleuchtenden Gründe, die dagegen sprechen, in drei Artikeln im Nottulner Blickpunkt gründlich dargelegt und auch eine sinnvolle Alternative benannt, siehe: 

https://www.nottuln-blickpunkt.de/632-die-kurien-waechter-von-nottuln-teil-1
https://www.nottuln-blickpunkt.de/636-die-kurien-waechter-von-nottuln-teil-2
https://www.nottuln-blickpunkt.de/696-der-platz-vor-den-kurien-wird-von-den-schaustellern-benoetigt

Schon so machen Bürgerinnen und Bürgern ist nach dem Lesen der Artikel im NB ein Licht aufgegangen. Unsere Redaktion versucht, Argumente zu finden und aufzugreifen, die nur zu gerne unter den Tisch gekehrt werden, insbesondere dann, wenn sie der eigenen Argumentation schaden oder sie gar vollständig infrage stellen. 
Übrigens kostet das Betreiben einer ehrenamtlichen Online-Zeitung "Lebenszeit, viel Arbeit und Geld" - und trotzdem machen wir es, denn eine Demokratie lebt von den unterschiedlichen Sichtweisen, die nur zu gerne von bestimmten Personen oder sogar von Medien beiseitegeschoben beziehungsweise unterdrückt werden.

Mit besten Grüßen

Ihre Redaktion
Karin und Jürgen Gerhard

Wohnen im drittgrößten Wasserschloss Westfalens

Am Samstag, dem 28. Juni 2025, nahm unsere Redaktion die Möglichkeit wahr, eine völlig neue entstandene Wohnung im Wasserschloss Haus Stapel zu besichtigen.
Die Eigentümerin, Dr. Mechthild Freifrau Raitz von Frentz, hat im Nordflügel der Vorburg vier neue Wohnungen errichten lassen. Früher dienten die dort vorhandenen Räumlichkeiten Kühen und Kälbern als Unterkunft. Doch davon ist heute nichts mehr zu sehen oder zu spüren. Die Architekten Bernhard Mensen und Krischaqn Zora aus Münster sind Experten für Umbauten historischer Bauwerke und haben mit der Wohnung Nr. vier, die zur Besichtigung freigegeben war, ein Prachtexemplar geschaffen. So unser Eindruck, als wir am Samstagvormittag die Wohnung über die vorliegende einladende Terrasse betraten.

Hier wurden lichtdurchflutete Räumlichkeiten mit größtenteils weiß geputzten Wänden gestaltet, in denen alte Baustoffe mit neuen wunderbar vereint wurden und harmonische Kontraste bilden. Hinter modernen großen Fenstern erschlossen sich alte, Wärme ausstrahlende hellgelbe bis bräunliche Münsterländer Sandsteinmauern mit ovalen Außenfenstern, ein wunderbarer Anblick. Eine Sandsteinmauer mit Stalltür trennt das Wohnzimmer von der Wohnküche mit mittig angeordneter, moderner Kochinsel. Die Kochdünste werden direkt am Herd abgesaugt, eine von der Decke herunter ragende Absaughaube ist nicht vorstellbar und hätte aufgrund der Raumhöhe dem Charakter der Wohnung auch nicht gutgetan.

Die Begeisterung über die gelungene Architektur und die geschmackvolle Einrichtung spiegelte sich in den glänzenden Augen der Besucher wider. Nur freundlich diskutierende Besucher, wohin man auch schaute und mittendrin die glücklichen Mieter Fransiska Hilbring und Johannes Richter, die gerne und unermüdlich Auskunft gaben. Die Begeisterung nahm eigentlich kein Ende und wurde beim Betreten noch nicht betrachteter Räume immer wieder neu entfacht. Das geschmackvolle moderne Badezimmer, indem der Münsterländer Sandstein wieder mit modernen großflächigen Bodenfliesen und modernen Möbeln kontrastierte. 

Übrigens ist das Toilettenbecken gegenüber dem damaligen Plumpsklo angesiedelt, erzählte uns Johannes Richter. Von dort aus kann durch die noch vorhandene, jetzt verglaste Öffnung ein kleiner Teilraum, sogar mit Schießscharte ausgestattet, betrachtet werden. Da wird einem "jedes Mal" wieder bewusst, wie komfortabel doch jetzt alles ist. Und da sagen die Leute immer noch "Früher war alles besser!" Doch das stimmt wahrhaftig nicht, spätestens im Winter wird es einem bewusst. Im Gegensatz zum Plumpsklo wird das Badezimmer heute erwärmt, und zwar mit einer komfortablen Fußbodenheizung wie übrigens alle anderen Räumlichkeiten auch. Eine neue moderne Holzhackschnitzel-Heizanlage, in der nebenan liegenden Scheune installiert, sorgt für die nötige Energie auch der anderen neuen Wohnungen.

Zum guten Schluss befinden wir uns im Arbeitszimmer, doch hier kann das Arbeiten richtig Spaß machen - Pausen inbegriffen, in denen durch zwei Fenster die Münsterländer Parklandschaft betrachtet werden kann und das sorgt garantiert für Entspannung. Die modernen schwarzen zweckdienlichen Büromöbel, in Chrom gefasst, hinterlassen ebenfalls einen guten Eindruck. 

Zusammenfassend kann, wie in der Überschrift bereits richtungsweisend angeführt, gesagt werden: 
"Moderne trifft Denkmalschutz, und das in beeindruckender Art und Weise!" Bemerkenswert ist, dass außen von den Veränderungen nichts zu sehen ist, außer ein paar schmale von innen verglaste Schlitze in der Außenwand zur Gräfte hin, die der Belichtung der Schlafräume dienen.

Wir verlassen die wundervolle Wohnung, nachdem wir uns bei dem glücklichen Mieter-Paar für ihre freundliche, entgegekommende Art bedankt haben und sehen uns noch ein bisschen im Schlossinnenhof um, indem es wahrhaftig nicht an Fotomotiven mangelt.
In der anschließenden Bildergalerie lassen wir die Fotografien der Wohnung, des Wasserschlosses und der darum liegenden Landschaft für sich selber sprechen, insbesondere auch für die Menschen, die nicht an der Besichtigung teilnehmen konnten, sei es aus zeitlichen oder gar gesundheitlichen Gründen. Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen und Betrachten. 

Hinweis Schlosskonzerte:
Im Gespräch mit der Schlossbesitzerin Dr. med. Mechthild Freifrau Raitz von Frentz erfuhren wir, dass im Wasserschloss Haus Stapel bereits seit 15 Jahren Schlosskonzerte stattfinden. Das nächste 2. Jubiläumskonzert findet am Samstag und am Sonntag, dem 12. und 13. Juli, um 17:00 Uhr statt. Es ist ein OPEN-AIR-PICKNICK-KONZERT unter dem Titel "Von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt!" Mehr erfahren Sie unter: https://www.haus-stapel-konzerte.de/

Hinweis Park- und Gartenführungen:
Außerdem finden jeweils am ersten Samstag der Monate Februar bis September Park- und Gartenführungen durch die Eigentümerin statt, die um 14 Uhr im Schlossinnenhof beginnen. Jeder ist willkommen, es ist keine Voranmeldung erforderlich. Der Unkostenbeitrag beträgt 5,- Euro pro Person. Geeignetes Schuhwerk ist zu empfehlen, da je nach Wetterlage die Wege schlammig sein können - also hereinspaziert! Mehr erfahren sie unter: https://www.haus-stapel-konzerte.de/hereinspaziert/

Mit besten Grüßen

Ihre Redaktion
Karin und Jürgen Gerhard

...eingebettet in eine ganz besondere Siedlung, insgesamt betrachtet: Ein wertvolles Kulturgut

Wer die Martin-Luther- und die Pastor-Hoffmann-Straße in Nottuln betritt, ist erstaunt, welch wunderbare, in sich geschlossene Siedlung ihm hier präsentiert wird. Sie besteht aus 30 eineinhalbgeschossigen Siedlungs-Häusern mit roten Ziegeldächern und gleicher Dachneigung, die im hinteren Grundstücksteil einen kleinen Wohngarten besitzen. Offensichtlich haben sie alle die gleiche Grundkonstruktion und Größe und schmiegen sich dicht aneinander. Und mittendrin, wie eingebettet, liegt das Evangelische Kirchenzentrum mit der Kirche unter dem Kreuz, seinem Bibelgarten und dem Gemeinde- sowie Pfarrhaus. Die Kirche wurde bereits im Jahre 1967 eingeweiht, die Erstellung der Siedlungshäuser folgte in den 70-er 80-er Jahren.

Flüchtlinge aus dem ostdeutschen Raum, gezeichnet von Flucht und Vertreibung, fanden nach vielen Jahren hier endlich ihr neues Zuhause. Viele hatten auch die Errichtung der Kirche unter dem Kreuz finanziell unterstützt. Mittels eines 1961 gegründeten Kirchbauvereins gelang es den Evangelischen – insbesondere Flüchtlingen und Heimatvertriebenen – in jahrelanger Kleinarbeit mit monatlichen Beitragszahlungen, die notwendigen finanziellen Eigenmittel für den Kirchenbau aufzubringen. Der Kirchbauverein steuerte 13.000 DM zu den Baukosten in Höhe von 260.378,02 DM bei und leistete damit einen Eigenanteil von 5 Prozent. Die Initiative für den Kirchenbau und dessen erfolgreiche Umsetzung sind vornehmlich dem unermüdlichen Engagement von Diakon Gustav Hoffmann (1903 bis 1961) zu verdanken. In Anerkennung seiner herausragenden Verdienste wurde er ausnahmsweise ohne Theologiestudium ordiniert und zum Pastor ernannt.

Alleinstellungsmerkmal in den Baumberggemeinden
Das gesamte Gebäudeensemble des Kirchen- und des sie umschließenden Siedlungsgeländes ist ein herausragendes Beispiel für sich sukzessive entwickelndes evangelisches Leben in der münsterländischen Diaspora nach dem Zweiten Weltkrieg.
Einzigartig ist im Gegensatz zu den beiden anderen Baumberge-Gemeinden in der Nachbarschaft, Billerbeck und Havixbeck, dass in Nottuln von 1965 bis 1967 eine evangelische Kirche gebaut wurde und keine für die damalige Nachkriegszeit typischen multifunktionalen Räume entstanden. Zeugnisse der Lokalgeschichte sind neben den kirchlichen Gebäuden und den schriftlichen Quellen zum Kirchenbau auch die Straßen- und Gebäudenamen als historische Zustände. Später erfolgte dann die Errichtung des Johannes- und Pfarrhauses, das durch die Gemeinde Nottuln finanziert wurde.

RESÜMEE:
Geschichte und Religion stiften Heimat und Identität. Ganz viele Menschen verbinden mit der Kirche „Unter dem Kreuz“ und dem Johanneshaus Erfahrungen und Erlebnisse in ihrer eigenen Biografie wie auch in der Ortsgeschichte Nottulns. Im Leitsatz der Ev. Friedens-Kirchengemeinde ist der Auftrag festgehalten: „Wir wollen Menschen von Jung bis Alt in ihrer Verschiedenheit in der Gemeinde Raum und Halt geben.“ Das geschieht im öffentlichen Interesse. Die politische Gemeinde Nottuln hat um 1985 den Bau von Johanneshaus und Pfarrhaus mit 500.000 DM ermöglicht. Diese öffentliche Investition ist ein Geschenk und Verpflichtung zugleich. Dafür ist das einzigartige Gemeindezentrum mit Kirche, Johanneshaus und Pfarrhaus als ganz besonderer Integrations-Platz geschaffen worden.

Die Henne nimmt ihre Küken unter die Flügel
Seine außerordentliche Bedeutung als Kulturgut bekam das evangelische Gemeindezentrum durch den anschließenden Bau der Siedlungshäuser, in denen Flüchtlinge und Vertriebene, insbesondere aus dem ostdeutschen Raum, nach Jahren endlich ihr neues Zuhause fanden. Somit bildete sich insgesamt ein harmonisches Gebäudeensemble, in deren Mittelpunkt das evangelische Gemeindezentrum mit der Kirche unter dem Kreuz liegt. Sie wirkt in der Siedlung wie "eine Henne, die ihre Küken unter die Flügel nimmt". Somit fand auch das Schicksal der heimatvertriebenen evangelischen Christen ein glückliches Ende, sie bekamen eine neue lebenswerte Heimat.
Diesen besonders charakteristischen Teil Nottulns gilt es als öffentlich zugängliches Flächendenkmal und Mahnmal für die Zukunft zu erhalten. In ihm spiegelt sich ein einzigartiger, äußerst wichtiger Teil der Nachkriegsgeschichte der Baumberggemeinde Nottulns wider, ein wertvolles Kulturgut.

Nachtrag:
Diesen Artikel haben wir bereits am 20. Juni 2025 an den Bürgermeister Dr. Dietmar Thönnes und Herrn Ring als Begründung weitergeleitet mit der Bitte als Untere Denkmalbehörde unverzüglich tätig zu werden und die Unterschutzstellung des gesamten Kirchenzentrums mit der Kirchensiedlung nach dem Denkmalschutzgesetz NRW zu betreiben, damit die vorläufige Unterschutzstellung gemäß § 4 Denkmalschutzgesetz NRW umgehend greift. Den Landschaftsverband Westfalen Lippe (LWL) - Herrn Dr. Lunnemann, Herrn Dr. Wild und Frau Dr. Kuhrmann - hatten wir bereits am 5. Juni 2025 darum gebeten. Eine Reaktion seitens der Gemeindeverwaltung an uns ist bisher (30.6.2025) nicht erfolgt. Wir haben nochmals darum gebeten.

Mit besten Grüßen

Ihre Redaktion
Karin und Jürgen Gerhard

Teil 2: Speicher in Nottuln, Bauernschaft Uphoven

Jeder Spieker in Nottuln hat seine eigene Geschichte. Dieser Spieker, nicht sehr weit entfernt vom Longinusturm in den Baumbergen, hat jedoch eine ganz besondere, doch dazu später mehr.
Erbaut wurde der Sandsteinspieker von Albert Schulte Westerode auf einem Hof in der Bauernschaft Uphoven im Jahre 1720. Bereits im 13. Jahrhundert fand dieser Hof, der nahe an den Steverquellen liegt, zum ersten Mal Erwähnung. Über die Lagerung von Getreide hinaus wurde der Spieker zum Backen und Brauen genutzt, bis er im 20. Jahrhundert als Wohnhaus Verwendung fand. Heute befindet sich der Sandsteinspieker im Besitz der Familie Schulze Bisping.

Doch nun zur Geschichte von Jörg Dirk Schulte Westerode, der im Jahre 1755 auf seinem Hof Lüninge erlegen wollte und dabei seine Frau Anna Elisabeth Thier ...

Die Spatzensteuer im 17./18. Jahrhundert führte dazu, dass Spatzen, die die Saat von den Feldern fraßen, dezimiert wurden. Das geschah durch das Ausnehmen der Nester oder durch Erschießen. Die Bauern hatten den Nachweis hierüber zu erbringen. Sie mussten eine bestimmte Anzahl von Spatzen- und Krähenköpfen zum Göding (Gerichtstermin) vorlegen, damit ihnen diese Steuer erlassen wurde.

So erging es auch dem Bauern Jörg Dirk. Seine Frau Anna Elisabeth hatte sich gerade mit den Mägden in den Garten zurückgezogen, um Unkraut zu jäten. Da kam ihm die Idee, endlich zur Tat zu schreiten. 20 Krähen- und Spatzenköpfe mussten her, denn die wollte der Gograf zum Göding sehen.
Jörg Dirk holte aus einer alten Kiste die schwere Luntenflinte hervor, die eigentlich mit einer Stützgabel bedient wurde. Doch die war im Moment unauffindbar. Die Lunte und das Pulver entnahm er aus einem Fach am Kamin, dort lagerte es trocken. Nachdem er die Lunte eingeführt und ein gehörig Maß an Schießpulver aus der Pulverflasche in das Rohr gefüllt hatte, stopfte er sorgfältig mit dem Gewehrstock nach. Aus einem Beutel füllte er die mittleren Hagelkörner in das Rohr. Das würde den Lüningen „gut“ bekommen. Die flogen zwischen Birnbaum und Speicher hin und her und stritten sich um Getreidekörner, die sie aus ihm stibitzt hatten.

Ein munteres Völkchen, aber nicht mehr lange, dachte er sich im Stillen und verschloss das Flintenrohr mit einem Papier-Pfropfen. Unsicher erhob er das Gewehr, lange hatte er es nicht mehr benutzt. Vorsichtig legte er auf die Spatzen an, doch seine Hände zitterten stark. Nur mühselig bekam er Kimme und Korn übereinander. Doch die Lüninge saßen sehr dicht beieinander, den ein oder anderen würde er schon erwischen. Er legte Feuer an die Lunte und zielte erneut. Ein betäubender Knall erschreckte die Mägde. Einige Lüninge fielen vom Baum, dann trat absolute Stille ein.
Plötzlich ein jäher Schrei aus dem Speicher: „Jesus, Maria!“ Dann ein dumpfes Poltern. Anna Elisabeth, seine Frau, war die Treppe heruntergefallen ... Was dann geschah, können Sie in dem Buch „Lüninge“ von Hans Peter Boer, erschienen im Landwirtschaftsverlag Münster -Hiltrup (ISBN 3-7843-2508-4), nachlesen. Falls es nicht mehr erhältlich ist, können Sie in der Stiftsbuchhandlung Esplör in Nottuln das Ende der Geschichte erfahren.

Übrigens, im Teil 3 werden wir Ihnen den einzigen Speicher im "Historischen Ortskern" von Nottuln vorstellen.

Mit besten Grüßen

Ihre Redaktion
Karin und Jürgen Gerhard

Teil 1: Speicher in Nottuln-Schapdetten 

Die alten Spieker auf den Bauernhöfen erfreuen uns auch heute noch mit ihrem wundervollen Anblick. Dank ihrer Restaurierung und Erhaltung finden wir sie nicht nur in Nottuln, sondern im gesamten Münsterland wieder. Dieser Prachtspieker steht auf dem Hofgelände Alichmann in der Bauernschaft Heller in Schapdetten. Heute wird der Spieker als Wohnraum genutzt und zur Weihnachtszeit werden die Fenster mit leuchtenden Sternen geschmückt. Doch bevor die Spieker auf den Bauernhöfen entstanden, fand die Lagerung in sogenannten Speicherkörben und Fachwerkkornkästen statt. Erst ab ca. 1520 erfüllten die Spieker ihre Funktion als Lagerstätte bis ungefähr 1920.

Doch die Bauern lagerten nicht nur ihr Getreide und weitere Lebensmittel dort ein, sondern die Spieker hatten auch überlebenswichtige Funktionen. So konnten sich bei Überfällen und Plünderungen die Bauern mit ihrer Familie und ihrem Gesinde in den verhältnismäßig sicheren Spieker zurückziehen. Mancher war gar mit einem wassergefüllten Ringgraben geschützt. Folglich bot sich im Spieker auch die Möglichkeit zu einem längeren Aufenthalt an, und das selbst im Winter, wenn er mit einer Feuerstätte ausgestattet war.

Von den vielen Spiekern in Nottuln stellen wir Ihnen einige der schönsten und interessantesten vor. 

Der höchste Spieker im Münsterland

Ein weiterer sehr eindrucksvoller Spieker wurde auf dem Hof Schulze Hauling in Heller, ebenfalls in Schapdetten, um 1890 erbaut. Die Außenwände haben im Kellergeschoss eine Wanddicke von 1,35 m und sind im Giebel immerhin noch 65 cm stark. Bis in die Siebzigerjahre wurde im Dachgeschoss noch Korn eingelagert. Heute befinden sich in dem bereits restaurierten Spieker zwei Wohnungen, ca. 100 und 300 qm groß. Bei der Restaurierung wurde großer Wert auf den Erhalt der vorhandenen Ausstattung gelegt. Eindrucksvoll gestaltet präsentieren sich heute die Räumlichkeiten des Spiekers.

Der Wehr- und Zehntspieker Schulze-Hauling

Erbaut im Jahre 1536, zählt der Wehrspeicher, ebenfalls auf der Hofanlage Schulze Hauling in Heller stehend, zu den ältesten Spiekern im Münsterland. Zudem war dieser mächtige Speicher damals wohl auch der größte, denn er diente als Zentspeicher für das Aegidikloster in Münster, zu dem die gesamte Hofanlage seit 1217 bis zur Säkularisierung gehörte.

Dieser Spieker ist aufgrund seiner Merkmale sicher einer der interessantesten in Nottuln. Im massiven, aus Baumberger Sandstein errichteten Kellergeschoss befinden sich Schießscharten, um sich gegen Plünderer wehren zu können. Schließlich ist der Speicher einer der wenigen Gebäude, die den 30-jährigen Krieg von 1618 bis 1648 unbeschadet überstanden haben. Das Obergeschoss war für einen Speicher sehr elegant im Renaissancestil ausgestattet und mit einer Feuerstätte versehen.

In der sich anschließenden Bildergalerie erfahren Sie weitere Einzelheiten über die denkmalgeschützten Speicher.
Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Betrachten und Lesen.

(Im Teil 2 haben wir vor, Ihnen zwei weitere Spieker vorzustellen.)

Mit besten Grüßen 
Ihre Redaktion
Karin und Jürgen Gerhard

Führung durch die Kurie der Familie von der Recke zu Steinfurt

Am Tag des Denkmals führte uns Günther Ring von der Gemeinde Nottuln zusammen mit einer Gruppe sachkundig durch die im Jahre 1748 erbaute Kurie der Familie von der Recke zu Steinfurt, auch Recksche Kurie genannt Das absolute Highlight ist natürlich das Äbtissinnenzimmer mit seiner romantischen Atmosphäre, indem auch heute noch Hochzeiten stattfinden. Auch wir von der Redaktion hatten uns dort vor Jahrzehnten das Ja-Wort gegeben, draußen wartete, passend zu den historischen Kurien, eine zweispännige Hochzeits-Kutsche.

Doch auch sonst hat die Recksche Kurie einiges zu bieten, wie das schön gestaltete Treppenhaus, in dem wir auch dieses gerahmte Plakat, vermutlich rund 70 Jahre alt, fanden. Besonders Marcus Ahlers hatte viel Freude daran, fand er doch in der oberen linken Ecke eine Werbeanzeige seiner Firma wieder, die damals noch unter "Matratzenfabrik“ firmierte.

Doch auch das behagliche Kaffee Pennekamp-Wissing ist dort präsent, von dessen Kuchen auch heute immer noch viele Nottulner schwärmen.  Leider gibt es das nicht mehr, wie auch das Autohaus Bergmann, das Baugeschäft Stapper, das Möbelhaus Averhoff, das Textilhaus Faltmann, das Elektrohaus Vacker und das Schuhhaus Menke. Umgezogen sind lediglich die Kreissparkasse und die Spar- und Dahrlehnskasse (heute Volksbank), die in der Kurie von Ketteler auf Harkotten angesiedelt war - heute Arztpraxis Dr. Baumeister -, denn Geld hat immer Konjunktur bzw. wird immer gebraucht! Hingegen befindet sich die Blaufärberei Kentrup seit 1850 an ihrem angestammten Platz.
Schön, dass dieses historische Plakat, welches ein wertvolles Stück Zeitgeschichte dokumentiert, noch existiert und hier einen gut einsehbaren Platz bekommen hat.

Im obersten Dachgeschoss entdeckten wir, dass der alte Windenaufzug am Westgiebel, mit dem die beiden Kornböden versorgt wurden, nicht mehr vorhanden ist. Die dazugehörige drehbare, senkrecht stehende Spindel, auf der sich das Seil aufwickeln ließ, existiert noch.
Uns ist es ein Rätsel, warum diese historische Aufzugsanlage in dem denkmalgeschützten 275 Jahre alten Gebäude fast vollständig beseitigt wurde, zumal die Gemeinde Nottuln Eigentümerin der Kurie und zudem auch noch selbst untere Denkmalschutzbehörde ist. 
Lange kann die Beseitigung noch nicht her sein.

Interessant war übrigens auch der Gewölbekeller, in dem sich heute die Übergabestation für die "Fernwärme" befindet, die im gemeindeeigenen Holzhackschnitzel-Heizkraftwerk erzeugt wird. Allerdings reicht die Heizleistung wohl bei sehr niedrigen Temperaturen nicht aus, dann schaltet sich eine im Dachgeschoss installierte Feuerungsanlage hinzu. Übrigens war es eine gute Idee, dass Besucher alle Etagen, inclusive Gewölbekeller und Dachboden, besichtigen konnten, schließlich war in der spätgotischen Hallenkirche auch der innere Kirchturm zur Besichtigung freigegeben.

Wer noch etwas mehr über die Recksche Kurie erfahren will, dem empfehlen wir den Artikel aus unserer Serie "Denkmalschutz im historischen Ortskern" Teil 6, den Sie mit folgendem Link direkt aufrufen können: 
https://www.nottuln-blickpunkt.de/470-denkmalschutz-im-historischen-ortskern-teil-6 

Alle weiteren Artikel zum Denkmalschutz, insbesondere der Kurien, der Alten Amtmannei und der spätgotischen Hallenkirche Sankt Martinus sind unter dem Button "Gemeinde" zu finden. Der Nottulner Blickpunkt hat sich damit freiwillig in den Dienst gestellt, dazu beizutragen, dass denkmalgeschützte Gebäude soweit wie möglich in Ihrer wunderbaren Ursprünglichkeit erhalten bleiben. Doch hat die Vergangenheit gezeigt, dass es sinnvoll ist, wenn alle Bürgerinnen Bürger ebenfalls ein Auge darauf haben. Das hilft Fehlentwicklungen rechtzeitig aufzuhalten und zu vermeiden, siehe auch Artikel unter: https://www.nottuln-blickpunkt.de/429-denkmalschutz-im-historischen-dorfkern-teil-1

Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen und Betrachten der Fotografien, auch in der nachträglich eingestellten Bildergalerie. 

Mit besten Grüßen

Ihre Redaktion
Karin und Jürgen Gerhard

(Ergänzt und aktualisiert am 12-9-2023) 

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