Blickpunkt Nottuln
28.09.2025
Blickpunkt Nottuln
Selbst in der kalten Jahreszeit besucht uns der farbenprächtige Grünspecht im Garten ...
Blickpunkt Nottuln
... und sticht mit seinem dolchartigen Schnabel durch die Wiese in den Erdboden hinein, um an seine bevorzugte Nahrung, die Ameisen zu kommen

Ein fast alltäglicher Gartenbesucher

Der Grünspecht, ein scheuer bildhübscher Vogel

Ein grauer, verregneter Tag, das Martinifest ist gerade vorbei, ich sitze im Sessel und lese. Gelegentlich schaue ich nach draußen in unseren Garten, doch nichts regt sich.
Doch dann ist er plötzlich wieder da, der bildhübsche Grünspecht (Picus viridis). In der letzten Zeit sucht er nahezu täglich unserem Garten auf, offensichtlich hat er sich an uns gewöhnt. Vor unserer Terrasse, auf der nicht gedüngten Wiese, findet er seine bevorzugte Nahrung: Ameisen, bis zu 2000 Stück pro Tag soll er vertilgen. Nach der Aufenthaltsdauer zu urteilen, könnte es stimmen, zählen konnte ich sie natürlich nicht. 

Tief stößt er - schneller als im Sekundenrhythmus - seinen dolchartigen Schnabel durch die Grasnarbe in das Erdreich hinein. Seiner bis zu 10 cm langen Zunge entgeht keine Ameise, Puppe oder Larve, mit denen er übrigens im Frühjahr ausschließlich seine Jungen füttert. Auch im Totholz, zum Beispiel alten Baumstümpfen, nisten sich bestimmte Ameisensorten ein und dienen dem Grünspecht als Nahrung. Nur zu einem geringen Teil fressen Grünspechte auch andere Insekten, Regenwürmer, Schnecken und Obst.

Ich bewege mich nur wenig, denn der Grünspecht, auch Wiesenspecht genannt, ist ein scheuer Vogel. Meine Kamera liegt greifbar neben mir, vorsichtig stehe ich auf und mache ein paar Bilder. Es hat sich gelohnt, selbst bei diesem Schietwetter sieht der Grünspecht sehr ansprechend aus.

Erfreulich ist, der Grünspecht ist nicht vom Aussterben bedroht. Doch benötigt er für sein Überleben die Wiesen und Weiden, die aber in den letzten Jahrzehnten rapide abgenommen haben. Das Vieh wird heute in großen Stallungen gehalten, sogenannte Intensivtierhaltung und dort mit importiertem Futter versorgt. Die nicht mehr benötigten Wiesen werden zu Ackerland umgenutzt, auf denen Monokulturen wie Mais angebaut und Pestizide gespritzt werden: Ein Teufelskreis für Vögel und andere Tiere!

Der Verlust von Bäumen wiegt sich ebenfalls negativ aus, denn der Grünspecht benötigt sie zum Höhlenbau. Leider verschwinden wegen übertriebener Verkehrssicherungspflicht immer noch hierfür geeignete Bäume aus Wäldern und Parks. Doch Gott sei Dank findet der Grünspecht noch akzeptable Reviere in unseren Siedlungen, in denen er immer öfter auftaucht. Ob das allerdings genügt, ist sehr fraglich, denn Hausgärten können auf Dauer wohl kaum den Lebensraum in der freien Natur ersetzen.

Im Naturschutzgebiet Nonnenbachtal höre ich die Stimme des  Grünspechts noch öfters, und ich würde mich freuen, wenn ihm das Lachen dort nie vergeht.

Wir wünschen Ihnen trotz des Regens noch einen schönen Tag und schauen Sie mal auf ihre Wiese im Garten nach. Vielleicht haben auch Sie das Glück, dass er bei Ihnen vorbeischaut, der lachende grüne Vogel mit der roten Haube.

Mit besten Grüßen
Ihre Redaktion
Karin und Jürgen Gerhard