Blickpunkt Nottuln
14.10.2025
Blickpunkt Nottuln
So sieht es in der Münsterländer Parklandschaft aus, wenn Windkrafträder den Ton angeben
Blickpunkt Nottuln
Es ist ja nicht so, dass es hier noch keine Windräder gibt; noch ein erträgliches Bild
Blickpunkt Nottuln
Ein langer "Lulatsch", der noch viel höher wird, ihm fehlt noch der "Propeller", und der hat einen sagenhaften Durchmesser von 175 Meter

St. Martinus bekommt gigantische Konkurrenz, Teil 2

Wie hat Bürgermeister Thönnes sein Gemeindliches Einvernehmen zum Vorbescheid erteilt, ist das rechtskonform?

Was für eine immense Bedeutung die Planungshoheit der Gemeinden in der juristischen Bewertung hat, wird dadurch deutlich, dass dieses unumstößliche Recht sogar im Grundgesetz, Artikel 28 Absatz 2 S. 1, verankert ist. Es basiert auf der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie und garantiert den Gemeinden, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln, was sich in der kommunalen Bauleitplanung zeigt.

Es sichert somit den Gemeinden zu, eigenverantwortlich über die bauliche und sonstige Nutzung des Bodens zu entscheiden und sich an übergeordneten Planungen zu beteiligen, sofern diese ihre Gemeinde betreffen.

Beteiligung bei übergeordneten Planungen:
Auch wenn höhere Behörden Genehmigungen oder Vorbescheide  nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz -BImSchG- (genauer "Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge") erteilen, muss die betroffene Gemeinde gemäß § 36 Baugesetzbuch (BauGB) vorher in das Verfahren eingebunden werden, wenn die Planung Auswirkungen auf die Gemeinde hat. Schließlich ist die Planungshoheit ein zentraler Ausdruck dieser Selbstverwaltungsgarantie. Und dass bei der Planung von mehreren 266 Meter hohen Windkraftanlagen erhebliche Auswirkungen zu befürchten sind, einmal für die Anwohner der benachbarten Wohnsiedlungen, aber auch für die Natur und die Landschaftsstruktur, wird wohl niemand bestreiten. 

Im vorliegenden Fall ist das sogar viel eher zu bejahen, da die Wohnsiedlungen in Hauptwindrichtung zu den Windkrafträdern liegen. Der Wind ist Schallträger Nummer 1 und eine freie Schallausbreitung ist aufgrund der Höhe der Windkrafträder ebenfalls gegeben! Weitere Ausführungen hierzu finden Sie im Teil 1 unseres Artikels: https://www.nottuln-blickpunkt.de/751-st-martinus-bekommt-gigantische-konkurrenz.
Schließlich, und das ist die Crux an der ganzen Geschichte, werden unseres Erachtens mit dem Vorbescheid die Standorte der acht Windkraftanlagen in Nottuln-Stockum juristisch verfestigt bzw. festgelegt.

Auswirkungen auf die Vorbescheide für neun Windkraft-Anlagen auf dem Gemeindegebiet Nottuln
Die Stadtwerke Münster haben Vorbescheide nach § 9 Absatz 1a Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImschG - beantragt. In diesem Verfahren muss der Landrat Coesfeld (siehe oben) die Gemeinde beteiligen, um das Gemeindliche Einvernehmen herzustellen. Davon entbindet ihn auch nicht die vorherige Entscheidung des Bürgermeisters und des Gemeinderats, die Windvorrangzonen im Flächennutzungsplan aufzuheben (übrigens wurde somit für Antragsteller solcher Windkraftanlagen Tür und Tor geöffnet, da der neue Regionalplan noch nicht in Kraft getreten war). Das gemeindliche Einvernehmen muss auf jeden Fall trotzdem hergestellt werden!

Hierzu gibt es zwei Möglichkeiten und unsere Redaktion will wissen, welche der Bürgermeister wahrgenommen hat:

1. Der Bürgermeister erteilt schriftlich das Gemeindliche Einvernehmen dem Landrat Coesfeld.

2. Der Bürgermeister wartet zwei Monate ab und erteilt somit stillschweigend dem Landrat das Gemeindliche Einvernehmen.

(Übrigens kann der Bürgermeister das Gemeindliche Einvernehmen dann versagen, wenn öffentliche Belange gemäß § 35 Abs. 3 BauGB dem Vorhaben entgegenstehen. Das wären beispielsweise Belange des Natur- und Landschaftsschutzes, der Immissionsschutz oder Ziele der Raumordnung)

Mit E-Mail vom 26.9.2025 wurde unserer Redaktion bereits mitgeteilt, dass die Erteilung des Gemeindlichen Einvernehmens in Nottuln als laufendes Verwaltungsgeschäft gehandhabt wird und der Rat der Gemeinde Nottuln im Rahmen der Ausschusssitzungen für Planen und Bauen über den Eingang der einzelnen Anträge informiert wurde. Danach wurde der Gemeinderat offiziell nicht informiert und auch nicht beteiligt; zumindest erfolgte keine Abstimmung über die Erteilung des Gemeindlichen Einvernehmens im Gemeinderat. Daraus ist zu schließen, dass der Bürgermeister im Rahmen des laufenden Verwaltungsgeschäftes darüber alleine entschieden hat.

Es ist schon "mutig" und gleichzeitig widersprüchlich, über die Aufhebung der Windvorrangzonen im Flächennutzungsplan den Gemeinderat abstimmen zu lassen und andererseits bei Entscheidungen über die Erteilung des Gemeindlichen Einvernehmens den Gemeinderat auszuschließen und nicht desgleichen zu tun. Schließlich handelt es sich gerade hierbei um eine wesentlich wichtigere Entscheidung mit ganz anderen, exorbitanten Folgen für die Bürger, die Natur und das Landschaftsbild, als die Aufhebung der Windvorrangzonen. Denn durch Ihre Erteilung des Gemeindlichen Einvernehmens und daraus folgenden Vorbescheiden, erteilt durch den Landrat, sind bereits die Standorte für die Windkraftwerke Nummer 1 bis 8 festgelegt. Insofern ist unseres Erachtens die Genehmigungsbehörde jetzt darauf angewiesen, dass der Antragsteller freiwillig den jeweiligen einzelnen Standort nach hinten, von der Wohnbebauung weg verlegt. 

Man kann es nicht oft genug sagen: "All diese Windkraftwerke in Nottuln-Stockum liegen in Hauptwindrichtung zu den vorhandenen Wohngebieten, was alleine für den Immissionsschutz von eklatanter Bedeutung ist!" Wir vermuten, was die angesprochenen Nichtbeteiligung des Gemeinderates betrifft (die gerade hier zur Entscheidungsfindung so wichtig und unentbehrlich ist) dass sogar ein nicht rechtskonformes Verhalten des Bürgermeisters vorliegt. Wir haben deshalb bereits am 6.10.2025 nochmals eine Presseanfrage an den Bürgermeister gestellt mit der Bitte, um eine konkretisierte Stellungnahme.
Denn unseres Erachtens muss der Bürgermeister den Rat im Rahmen des Planungsrechts beteiligen, da der Rat die entscheidende Vertretung der Gemeinde ist und die Planungshoheit über die Bauleitplanung ausübt. Der Bürgermeister ist die gesetzliche Vertretung der Gemeinde, aber der Rat der Gemeinde  ist das beschlussfassende Organ in Angelegenheiten der Bauleitplanung.

Unser Fazit:
"Der Bürgermeister muss also die Planungsvorhaben zur Beschlussfassung dem Rat vorlegen!"

Sowie sie unserer Redaktion die erbetene Stellungnahme des Bürgermeisters der Gemeinde Nottuln vorliegt, werden wir Sie informieren.

Mit besten Grüßen

Ihre Redaktion
Karin und Jürgen Gerhard