Blickpunkt Nottuln
28.09.2025
Blickpunkt Nottuln
Die Alte Amtmannei wurde von unserem ehemaligen Gemeindedirektor Joseph Moehlen wiederaufgebaut
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Im Jahre 2019 wurde in der ehrwürdigen Alten Amtmannei der J. C. Schlaun-Preis an die Daruper Landpartie verliehen. In der vorderen Reihe sind von links gut erkennbar: Bürgermeisterin Manuela Mahnke, Landrat Dr. Christian Schulze-Pellengahr, MdB Dr. Carsten Linnemann, MdB Marc Henrichmann (Beide CDU), 1. Vors. des Schlaun Cirkels, Dr. Bernhard Schulze-Langenhorst und der damalige Chefredakteur der Westfälischen Nachrichten, Dr. Norbert Tiemann
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Selbst der große deutsche Dichter und Naturforscher Johann Wolfgang von Goethe hatte offensichtlich in der alten Amtmannei seine Sprechstunden
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Familie Moehlen bei der Einweihungsfeier des Joseph-Moehlen-Platzes

Denkmalschutz im historischen Ortskern, Teil 8.1

Die Alte Amtmannei auf dem Joseph-Moehlen-Platz (Kapitel 1)

Keines der historischen Gebäude in Nottuln ist so mit unserem ehemaligen Gemeindedirektor Joseph Moehlen verbunden, wie die alte Amtmannei, obwohl er in rund 20 Amtsjahren viele geschichtsträchtige Gebäude im historischen Ortskern restaurieren oder wieder neu aufbauen ließ. So auch die Alte Amtmannei, die bereits 1982 fertiggestellt wurde - doch dazu später mehr.

Ein kurzer historischer Rückblick

Die Alte Amtmannei hatte in Nottuln eine hohe Bedeutung und war im 18. Jahrhundert Sinnbild der weltlichen Herrschaft des Damenstiftes. Nicht weit von den Kurien wurde sie am östlichsten Endpunkt des Stiftes errichtet, wo die unterschiedlichen Rechtssphären von Dorf/Kirchspiel und Adelsbereich zusammenstießen. Hier residierte und regierte der Amtmann, dessen Aufgaben sehr vielfältig waren. Zum einen führte er die Rechts- und Geldgeschäfte des Damenstiftes und war darauf bedacht, ihren Nutzen zu vergrößern und Schaden abzuwenden. Zum anderen oblag ihm die gesamte Aufsicht über die stiftshörigen Bauern und ihre Abgabeverpflichtungen, die er rechtzeitig beitrieb. Falls das nicht gelang, hatte er sogar die Macht, die schuldhaften Beträge bei den säumigen Zahlern zu pfänden.

Darüber hinaus hatte der Amtmann die Aufgabe dafür Sorge zu tragen, dass die stiftshörigen Bauernhöfe von ihren Besitzern in Ordnung gehalten wurden. Das schloss auch die Pflege der Anpflanzungen, Hecken und Bäume ein. Selbst um die Neuanpflanzung von jungen Bäumen kümmerte er sich und das zu einer Zeit, in der man die Wörter "Klimawandel" und "Klimaneutral" noch gar nicht kannte.
Und sei es der Aufgaben nicht genug, unterstand dem Amtmann auch noch das Mühlenwesen. In dieser Funktion kümmerte er sich um ihre Instandhaltung und kontrollierte die korrekte Einnahme der bäuerlichen Mahlsteuer (die sogenannte Multer). Fast zwanzig umfangreiche Aufgaben hatte der Stiftsamtmann letztendlich wahrzunehmen, schließlich war er "Verwaltungschef" des Damenstiftes und somit das wichtigste Steuerelement im Rechts- und Wirtschaftsleben von Nottuln. Faktisch vertrat er die weltliche Macht der Äbtissin, unterstützt durch einen polizeiähnlichen Diener, den Kapitels-Vogten.

Die Alte Amtmannei wird vorübergehend zur Kaplanei

Der letzte Stiftsamtmann war übrigens Heinrich Anton Berzen, dem nach längerer Probezeit Äbtissin und Kapitel des Damenstiftes Nottuln am 18. September 1782 die Bestallungsurkunde ausstellte. Nach Aufhebung der geistlichen Körperschaft des Stiftes durch das Dekret von Napoleon im Jahre 1811 wohnten in der Amtmannei noch einige Kaplane der katholischen Kirche, sodass man später sogar von der "Kaplanei" sprach.
Wer mehr über die Alte Amtmannei erfahren möchte, der sollte die Geschichtsblätter des Kreises Coesfeld, Heft 1/2 1981, S. 125-139, beim Kulturamt des Landrates Coesfeld einsehen oder sich an den Kreisheimatverein Coesfeld e. V. wenden. Unser Nottulner Heimatforscher Hans-Peter Boer hat einige sehr bemerkenswerte Schriften zum historischen Ortskern von Nottuln verfasst.

Erhaltung des historischen Ortskerns

Wie bereits aus der Einleitung erkennbar wird, lag unserem ehemaligen Gemeindedirektor Joseph Moehlen die Erhaltung des historischen Ortskerns besonders am Herzen. So ließ er zum Beispiel die gemeindeeigenen Kurien restaurieren und hinter der Aschebergschen Kurie ein passendes Fachwerkensemble entstehen. Dieses besteht aus drei eineinhalbgeschossigen Fachwerkbauten, die einen ausreichenden Blick auf die hinteren Fassaden der Aschbergsche und der Recksche Kurie zulassen und mit ihnen einen romantischen Hinterhof bilden.

Im Jahre 1981 widmete sich Joseph Moehlen der geschichtsträchtigen Alten Amtmannei, die lange leer stand und dem zeitlichen Verfall preisgegeben war - eine Restauration war nicht mehr möglich. So ließ er sie mit großem Aufwand auf ihren alten Grundmauern wieder neu errichten. Bereits 1982 konnte die Alte Amtmannei ihrer neuen Bestimmung als kulturelles Zentrum allen Bürgern Nottulns übergeben werden. 

Seit 1982 wichtigstes Kultur- und Veranstaltungszentrum im Ortskern von Nottuln

Fortan fanden in dem beispielhaften Kulturzentrum unzählige Veranstaltungen statt. Ob Konzerte, Empfänge, Kunstausstellungen, Preisverleihungen, Vorträge oder Lesungen, es gab und gibt dafür keinen passenderen Ort, als die Alte Amtmannei.
Im Obergeschoss ist ein „Konzertsaal” für rund 120 Personen eingerichtet. Dazu gehört ein Konzertflügel, der seinerzeit vom GD Joseph Moehlen als Liebhaber der klassischen Musik angeschafft wurde. Doch dieser Raum ist ebenfalls multifunktional nutzbar.
Im Untergeschoss befindet sich ein rund 60 qm großes Kaminzimmer für kleine Veranstaltungen mit knisterndem Herdfeuer. Hier kann auch ein kleines Büfett mit Stehtischen für die Veranstaltungspausen aufgebaut werden. Außerdem befindet sich dort eine kleine Küche, eine Garderobe und das Foyer. Wer die Veranstaltungsräume nutzen möchte, kann sich gerne an die Gemeindeverwaltung in Nottuln wenden (Telefon 02502 9420, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!).

Ehrung des ehemaligen Gemeindedirektors Joseph Moehlen

Im Oktober 2015 stellten die heutigen Redakteure des Nottulner Blickpunktes (NB) Karin und Jürgen Gerhard an die Bürgermeisterin Manuela Mahnke und den Gemeinderat den Antrag, einen Platz oder eine Straße nach dem ehemaligen Gemeindedirektor Joseph Moehlen zu benennen. Schließlich hat er in seiner aktiven Dienstzeit von 1972 bis 1993 den Ort wie kein anderer vor oder nach ihm geprägt, was die Erhaltung des historischen Ortskerns, aber auch die Entwicklung Nottulns insgesamt betrifft. Falls sich jemand für die umfangreiche Begründung interessiert, weisen wir auf Seite 43 unseres 304 Seiten starken Bildbandes "Nottuln, ein starkes Stück Heimat" hin, der in der Buchhandlung Esplör erhältlich ist.
Am 21. September 2017 war es dann endlich so weit. Nachdem unserem Antrag stattgegeben wurde, konnte, wie mit der Familie Moehlen besprochen, der Platz, auf dem die Alte Amtmannei steht, feierlich in Joseph-Moehlen-Platz umbenannt werden. Leider verstarb Joseph Moehlen am 4. Januar 2016 im Alter von 78 Jahren und konnte die Würdigung seiner Lebensleistung und die Ehrung seiner Person, nicht mehr miterleben. Seine Angehörigen und wir sind uns jedoch sicher, dass ihm das sehr gefallen hätte. „Seine Bürger“ werden noch sehr weit in die Zukunft hinein von seinem Wirken in Nottuln begleitet werden. Joseph Moehlen wird "sein" Nottuln nun aus einer anderen Perspektive betrachten.

 Wir haben den ursprünglichen Artikel aufgrund seiner Länge nachträglich in Kapitel 1 und 2 geteilt. Fortsetzung, Kapitel 2, ist bereits eingestellt. 

Wir danken Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit

Ihre Redakteure vom NB
Karin und Jürgen Gerhard

Weitere Bilder mit Textlegende (zum Vergrößern bitte anklicken):