Blickpunkt Nottuln
28.09.2025
Blickpunkt Nottuln
Wie man sehen kann, hat unser Redaktionshund Sir Trusty, der nach Mister Fips zu uns kam, der leider zu früh ins Regenbogenland ging, durchaus Interesse an guter Literatur. Die Gemeindeordnung NRW ist ihm allerdings schnuppe und von Maulkörben hält er genauso wenig wie Mister Fips. Die freie Meinungsäußerung hingegen ist auch ihm äußerst wichtig, was er uns täglich zu verstehen gibt
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Sir Trusty ist schon ein pfiffiges Kerlchen und außerordentlich kommunikativ. Selbst das Fernsehen interessiert in sehr, insbesondere Tiersendungen. Dort nimmt er, wie man sehen kann, gerne Kontakt mit den Tieren - hier den Dachsen - auf
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Irgendwie muss ihr Verhalten doch rassebedingt sein, denn selbst unser Jack Russel Mister Fips zeigte bereits als Welpe ein auffälliges Interesse an Tageszeitungen

Maulkorb für Nottulner Bürger? (Teil 2)

Direkt gelebte Demokratie in Nottulner Ausschüssen gefährdet

Nur zuhören - nicht mitreden! So lautet die Überschrift am Montag, dem 21. August 2023, über einem Artikel in den Westfälischen Nachrichten. Dadurch entsteht wohl auch im Sinne des Bürgermeisters Dr. Dietmar Thönnes der Eindruck, dass dies nunmehr eine unumstößliche Tatsache ist. Verstärkt wird dieser Eindruck durch den ersten Satz im nachfolgendem Artikel, der wie folgt lautet: "In der Gemeinde Nottuln geht ein Stück gelebte Tradition der direkten Bürgerbeteiligung verloren!"
Zudem wird im Artikel hervorgehoben, dass Bürgermeister Dr. Dietmar Thönnes die Rechtsauskunft der Kreisverwaltung  Coesfeld wie folgt zusammenfasst: "Es gibt kein Rederecht von Bürgerinnen und Bürgern in Sitzungen der politischen Gremien".  Später betonte er noch, dass diese Regelung ab sofort gilt - da hatte es jemand offensichtlich sehr eilig.

Die detaillierte Rechtsauskunft, warum das genau so sein soll und die genaue Angabe der Rechtsgrundlage bzw. Rechtsquelle blieb der Bürgermeister leider schuldig, es wurde nur ganz allgemein die Gemeindeordnung angeführt. Die offensichtlich detaillierte Rechtsauskunft der Kreisverwaltung Coesfeld wird bedauerlicherweise auch nicht veröffentlicht. Somit bleibt vieles im Dunkeln und unklar. Bürgerinnen und Bürger können daher das Verhalten des Bürgermeisters nicht nachvollziehen. 

Wir wollen versuchen, etwas Licht ins Dunkle zu bringen. Doch bevor wir damit beginnen, möchten wir auf die Art und Weise, wie das Verfahren abgelaufen ist, eingehen. Uns ist nicht verständlich, warum der Bürgermeister gleich den Landrat des Kreises Coesfeld als kommunale Aufsichtsbehörde eingeschaltet und somit (wie man im Volksmund sagt) "Schlafende Hunde geweckt hat"? Damit kein falscher Eindruck entsteht, hiermit ist die Sache gemeint und auf keinen Fall die Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter dieser Behörde!
Angesichts der Tatsache, dass wir uns in Nottuln im Gegensatz zu vielen anderen gleich großen Gemeinden einen ausgebildeten Volljuristen leisten, ist diese Handlungswiese noch viel weniger verständlich und nachvollziehbar. Insofern hätte doch die Rechtslage im eigenen Hause geklärt werden können. Was übrigens noch nicht kommuniziert wurde, wer genau den Anstoß dem Bürgermeister dazu gegeben hat? 

Doch nun zur Rechtslage, wie sie sich uns zurzeit darstellt: Rechtsgrundlage ist die Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW). Insbesondere kommt hier wohl der § 58 "Zusammensetzung der Ausschüsse und ihr Verfahren" zur Anwendung, der unter folgendem Link einsehbar ist: 
https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_detail?sg=0&menu=1&bes_id=6784&anw_nr=2&aufgehoben=N&det_id=609717

Beurteilen Sie bitte auch selbst, was dort steht. Zum Beispiel steht dort nicht, dass Bürger in den Ausschüssen der Gemeinden ein Rederecht haben. Dort steht aber auch nicht, dass Bürger in den Gemeinden kein Rederecht haben. Insofern gibt es unseres Erachtens kein klares eindeutiges Verbot, von Redebeiträgen der in den Ausschüssen anwesenden Bürger, zumindest dann nicht, wenn sie aktiv legitimiert bzw. vorwiegend betroffen von den dort getroffenen Entscheidungen sind. Das findet auch Unterstützung im Absatz drei des § 58. Dort ist nachzulesen: "Die Ausschüsse können Vertreter derjenigen Bevölkerungsgruppen, die von ihrer Entscheidung vorwiegend betroffen werden und Sachverständige zu den Beratungen zuziehen." Das heißt sicherlich nicht, dass die Hinzugezogenen in den Ausschüssen nur stumm herumsitzen sollen, sondern sich aktiv an den Beratungen beteiligen können.

Natürlich muss noch weiter recherchiert werden, das werden wir gegebenenfalls auch tun, um möglichst zu einem endgültigen Ergebnis zu kommen, denn das ist auch die Pflicht von Journalisten. Insofern muss sicherlich noch manches Gespräch geführt und entsprechende Kommentare zum Kommunalrecht gewälzt werden. Vielleicht gibt es diesbezüglich auch schon verwertbare Gerichtsurteile? Leider bleibt den beruflichen in Tageszeitungen voll angestellten Journalisten hierzu oft nicht die Zeit, denn gerade dieses Personal wurde in den letzten Jahren ausgedünnt.

Die Redaktion des NB interessiert sich natürlich weiter für dieses Thema, denn Redemöglichkeiten zu aktuellen Themen in den politischen Ausschüssen, von denen Bürgerinnen und Bürger Nottulns betroffen sind, waren und sind auch in Zukunft ein zentrales Thema der Demokratie in Nottuln.
Wohlgemerkt, wir reden hier nicht nur von Rederechten, sondern auch von Redemöglichkeiten, die unseres Erachtens in den Nottulner Ausschüssen weiterhin durch Zulassung der Vorsitzenden praktiziert werden können!
Es kann nicht sein, dass bestimmte von Nottulner Bürgern gewählte Politiker, damit meinen wir auch unseren Bürgermeister, verursachen, dass Nottulner Bürgern dieses letzte bisschen Recht bzw. die letzte Möglichkeit gelebter direkter Demokratie in den Ausschüssen plötzlich genommen wird. Ist es nicht seltsam, dass in den vergangenen Jahrzehnten genau diese Mitwirkung der Bürger in den Ausschüssen niemand beanstandet hat - wo war denn da die kommunale Aufsichtsbehörde? Es ist doch sehr unwahrscheinlich, dass ihr die praktizierte Handlungsweise in den Nottulner Ausschüssen über Jahrzehnte hinweg nicht aufgefallen ist, zumal diese doch oft genug in der Tageszeitung dokumentiert wurde.

Wir, die Redakteure des NB, wollen Ihnen nicht verschweigen, dass wir beim Diskutieren und Schreiben der beiden Artikel in Wallung geraten sind. Haben wir doch selbst die Redemöglichkeit in den Ausschüssen in 35 Jahren oft genutzt und wissen daher, dass es kein vergleichbares Mittel der direkten Demokratie in Nottuln gibt und auch in Zukunft nicht geben wird. Das wird letztendlich auch jedes Rats- und Ausschussmitglied wissen.
Auf die Einstellung der Stellungnahmen der einzelnen Ausschussvorsitzenden haben wir vorerst verzichtet, da sie uns trotz unserer Anfrage vom 28. August immer noch nicht vollständig vorliegen (siehe auch Teil 1 dieses Artikels).

Wir wünschen Ihnen trotz allem eine gesunde, angenehme Woche, das Wetter soll schön bleiben.

Mit besten Grüßen
Ihre Redaktion
Karin und Jürgen Gerhard