Blickpunkt Nottuln
28.09.2025
Blickpunkt Nottuln
Der Tagungsraum/ Mehrzweckraum mit zusätzlichen, verschiebbaren Wänden ist vielseitig, bzw. universell im Gemeindehaus einsetzbar
Blickpunkt Nottuln
Gestern diente er den Gemeindemitgliedern als Versammlungsraum. Der offizielle Teil der Versammlung fand innerhalb einer Stunde, von 11 bis 12 Uhr statt
Blickpunkt Nottuln
Stefan und Alexandra Lösing vom gleichnamigen Bestattungsunternehmen stellten ihr Vorhaben für den Kauf und die Nutzung des Gemeindezentrum vor und beantworteten Fragen hierzu aus dem Publikum
Blickpunkt Nottuln
Zudem ist im Gemeindehaus ein wunderbares Kaminzimmer mit Blick und Zugang auf die Terrasse und in den Garten vorhanden. Es gibt weitere Räumlichkeiten, auch im Obergeschoss
Blickpunkt Nottuln
Das rund 3.000 qm große Grundstück, auf dem das Kirchenzentrum steht, möchte das Bestattungsunternehmen Lösing komplett einzäunen. Aus Sicht der Dülmemer Straße haben wir das einmal grafisch mit einem hochwertigen Zaun optisch dargestellt. Der hintere Durchgang zwischen Kirche und Gemeindehaus (Durchstich von der Martin-Luther-Straße zur Pastor-Hoffmann-Straße) soll aber tagsüber geöffnet werden.

Ein Bestattungsunternehmen im Gemeindehaus steht für eine sterbende Kirche (Teil 2)

Zu kurz gedacht: Sterben in Raten

Der Versammlungsraum im Gemeindehaus (Johanneshaus), neben der Kirche am Kreuz, war bis auf den letzten Platz gefüllt, selbst der rückwärtige Raum zum Ausgang hin. Die evangelische Kirchengemeinde hatte Interessierte zur Projektvorstellung des Bestattungsunternehmers Lösing aus Nottuln, der seinen Gewerbebetrieb hier einrichten möchte, eingeladen. Der Versammlungsleiter Markus Wrobel begrüßte das Publikum mit den Worten: "Es ist noch nichts entschieden." Doch das stimmt nicht, denn vor einiger Zeit hat schon das Presbyterium mit Mehrheit die Grundsatzentscheidung getroffen, nur noch mit einem Bewerber/Investor zu verhandeln.

Vorheriger Ausschluß sozialer Projekte
"Die Projekte der anderen Investoren, die tatsächlich in die Verbesserung der sozialen Struktur des Kirchengemeinde-Zentrums investieren wollen, und das unter Erhalt der vorhandenen Gebäude, bedürfen übrigens keiner Änderung des Bebauungsplanes.Trotz dieser Voraussetzungen, waren sie bereits vorher vom Presbyterium aussortiert worden, bekamen wir auf eine mündliche Bemerkung unserer Redaktion in der Versammlung zu hören, obwohl gerade diese der evangelischen Kirchengemeinde neue und nachhaltige Einnahmen garantieren, wie von der westfälischen Landeskirche vorgesehen (siehe Artikel unter https://www.nottuln-blickpunkt.de/713-ein-bestattungsunternehmen-im-gemeindehaus-steht-fuer-eine-sterbende-kirche. Dort sind einige Planunterlagen über den Bau von 12 kleinen Wohnungen an diesem äußerst günstigen Standort für ältere Menschen eingestellt, die eine sinnvolle Ergänzung im sozialen Wohnungsbau darstellen, der in Nottuln so dringend benötigt wird.)
Die Aussortierung dieser sozialen Prokekte geschah übrigens ohne jegliche Information der Kirchengemeinde-Mitglieder bzw., ihrer Beteiligung, das hielt man nicht für nötig. Wir und viele andere finden, dass bei so einer maßgeblichen, richtungsbestimmenden Entscheidung, die rund 2.800 evangelische Kirchengemeinde-Mitglieder und deren Zukunft betrifft, sie zumindest vorher zu informieren und auch zu beteiligen sind. Ihr vollkommener Ausschluss ist äußerst bedenklich und undemokratisch und verstößt wahrscheinlich auch gegen den Geichbehandlungs-Grundsatz.

Somit hat gestern ausschließlich das Bestattungs-Unternehmen Lösing die Gelegenheit bekommen, ihr Konzept den Kirchengemeindemitgliedern vorzustellen. Schade, es wäre sicherlich sehr interessant gewesen, ob sich diese ebenfalls so entschieden hätten, wie das Presbyterium, das sich übrigens in ihrer Entscheidung auch nicht einig über die Ansiedlung dieses Gewerbeprojektes im Kirchenzentrum war und ist.
Somit bleibt bedauerlicherweise nur noch eine Variante, und zwar eine gewerbliche, die aber eine grundlegende Änderung des Bebauungs-Planes voraussetzt, die aber unseres Erachtens unzulässig ist.

Änderung des Bebauungsplanes möglich ???
Eines möchten wir bereits jetzt schon betonen: Nach dem gültigen Bebauungsplan ist die Fläche des Kirchenzentrums als "Gemeinde-Bedarfsfläche und ihre kirchliche Nutzung" festgelegt und das nicht ohne triftige Beweggründe. Das schließt von vorneherein aus, dass hier ein Gewerbebetrieb angesiedelt werden darf. Diesbezüglich hat eigenartigerweise schon ein Termin zwischen Kreis- und Gemeindeverwaltung sowie dem Ehepaar Lösing stattgefunden. Meine Frage an sie, ob Ihnen schon signalisiert wurde, dass hier trotzdem ihr Gewerbebetrieb angesiedelt werden darf, verneinten Lösings, allerdings haben sie, ihren Angaben zufolge, schon eine diesbezügliche Bürgeranregung an den Gemeinderat übersandt.

Befremdet hat uns in der Versammlung die offizielle, voreilige Mitteilung des Grünen-Ratsmitgliedes Paul Bergmann, dass seine Fraktion, die CDU-Fraktion, die SPD-Fraktion sowie die FDP keine Probleme bezüglich der Änderung des Bebauungsplanes sehen würden. Diese vorzeitige Aussage halten wir im derzeitigen Stadium für sehr leichtfertig, denn so eine Entscheidung, wenn sie denn überhaupt so gefällt wird (was wir aus juristischen Gründen bezweifeln), muss einer gerichtlichen Überprüfung standhalten. Schließlich steht diese Gemeinde-Bedarfsfläche/Kirche 2.800 evangelischen Christen und vielen, vielen weiteren Bürgern Nottulns als öffentliche Nutzfläche zur Verfügung.

Nutzung des Gemeindehauses (459 qm)
Insofern drehte es sich im Verlauf der Versammlung hauptsächlich darum, welche Möglichkeiten noch den aktiven ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bleiben, um auch weiterhin ihrer sozialen wertvollen Arbeit nachzukommen. Frau und Herr Lösing hatten bei der Vorstellung bereits versichert, dass sich nicht viel ändern wird, man wird sich mit der Kirchengemeinde arrangieren. "Keine baulichen Veränderungen, Traditionen beibehalten" war von Ihnen zu hören. Besondere geplante Veranstaltungen der Kirchengemeinde sollen weiterhin möglich sein. Allerdings wird im Gemeindehaus ein Büro und eine Sargausstellung eingerichtet. Im Versammlungsraum sollen die Teilnehmer nach der Beerdigung bewirtet werden (Beerdigungskaffee).

Wie das allerdings alles funktionieren soll, ist fraglich und blieb erst einmal offen, denn schon jetzt wird an vier Nachmittagen in der Woche das Gemeindehaus von der Schülerhilfe genutzt. Frauengruppe und Stuhlgymnastik waren ebenfalls ein Thema. Die Kleiderkammer wurde bereits im Dezember geschlossen. Pfarrerin Regine Vogtmann gab zu bedenken, dass sich die tatsächliche Nutzung im Einzelnen erst in den Vertragsverhandlungen zwischen dem Presbyterium und der Firma Lösing entscheiden wird - massive Einschränkungen wird es hier offensichtlich geben.

Das Suchen anderer Räumlichkeiten hat schon begonnen
Das Suchen anderer Räume schloss Vogtmann nicht aus. In den Westfälischen Nachrichten war bereits tags vorher in Verbindung mit der Einladung der evangelischen Kirchengemeinde zum Kaffee-Tasting ins Ladenlokal des Stifts Tilbeck, zu lesen: "Ziel ist es, einen Ort der Begegnung außerhalb der evangelischen Kirche zu schaffen und die Gemeinde an einen Tisch zu bringen."

Betriebswirtschaftlich: Betrieb an einem Ort
Lösings verwiesen auf Anfrage, dass sie den bisherigen Betrieb im Gebäude des ehemaligen Kaffees Boer beibehalten wollen. Aus kaufmännischer und betriebswirtschaftlicher Sicht (Finanzen, Zeitfaktor, Vermeidung unnötiger Fahrten bzw. Transporte) ist es aber auf Dauer viel ungünstiger, zwei Betriebe, die nur ein paar hundert Meter auseinander liegen, zu betreiben, als zentral an einem Ort. Insofern wird es nur eine Frage der Zeit sein, dass der Bestattungs-Betrieb vollständig ins Kirchen-Gemeindezentrum einziehen wird. Schließlich lässt sich auf dem rund 3.000 qm großen Grundstück mit den aufstehenden Gebäuden alles unterbringen, was ein Bestatter so braucht: Ein Sarglager, Funktionsräume, Abschiedsräume, Büroräume, ein Beerdigungskaffee, etc. - das Kirchenzentrum bietet viele Möglichkeiten. Wer realistisch denkt, weiß, dass das Kirchenzentrum in Raten sterben wird, was sehr schnell erfolgen kann.

Nutzung des Pfarrhauses (157 qm)
Die rund 150 qm große Wohnung im Pfarrhaus, das direkt an das Gemeindehaus angebaut ist, wird weiterhin von der Pfarrerin bis zu ihrer zeitnahen Pension genutzt, danach soll sie laut Lösing vermietet werden. Die Frage, ob sie die rund 150 qm große, schön gelegene Wohnung nicht später einmal selbst nutzen wollen, wurde nicht gestellt.

Nutzung der Kirche unter dem Kreuz (137 qm)
Sollte der Vertrag mit der evangelischen Kirchengemeinde rechtswirksam geschlossen werden können (und von der Landeskirche genehmigt werden, Anm. der Redaktion) dann wird die Kirche entweiht und von Ihnen genutzt, so Lösings. Im Gegensatz zu katholischen Kirchen können in evangelischen Kirchen auch nach der Profanierung weiterhin Gottesdienste gefeiert werden. Laut Lösings können aus ihrer Sicht geplante Gottesdienste und Taufen in der Kirche stattfinden. Massive Einschränkungen wird es geben, denn der Kirchenraum eignet sich hervorragend als Trauerhalle für bis zu 100 Personen und wird dementsprechend umfunktioniert werden.

Nutzung des Außengeländes/Einzäunung (rund 3.000 qm)
Auf der Terrasse soll eine Sitzgruppe eingerichtet werden. Das Grundstück, auf dem das Kirchenzentrum steht, möchte das Bestattungsunternehmen Lösing ihren Angaben zufolge komplett einzäunen. Aus Sicht der Dülmener Straße haben wir das einmal grafisch mit einem hochwertigen Zaun optisch dargestellt. Der hintere Durchgang zwischen Kirche und Gemeindehaus (Durchstich von der Martin-Luther-Straße zur Pastor-Hoffmann-Straße) soll aber tagsüber geöffnet bleiben. Außerdem wird hier wohl der gesamte Fuhrpark für Bestattungs-  und auch Pflegefahrzeuge eingerichtet, schließlich ist die Firma Lösing von der Katholischen Kirche mit der Pflege des gesamten Friedhofes, der direkt neben dem evangelischen Kirchenzentrum liegt, beauftragt.

Anmerkung der Redaktion:
In dieser Angelegenheit geht es uns nicht um Personen, sondern nur um die Sache, nämlich die dauerhafte Erhaltung unseres evangelischen Kirchenzentrums in seiner ganzen Funktion. Darüber hinaus hat die Entscheidung, die hier endgültig getroffen wird, wahrscheinlich auch eine präjudizierende Wirkung auf ähnlich gelagerte Fälle.
Als wir uns im Februar 2024 (auch auf Bitten anderer evangelischer Christen) erstmalig dafür einsetzten, da wussten wir überhaupt nicht, wer einmal als Interessent für den Kauf des Kirchenzentrums auftreten wird. Dass es ausgerechnet Alexander Lösing ist, den es jetzt trifft und den wir auch seit Jahren kennen, bedauern wir.

Wer Kirchen zerstört, der zerstört auch das religiöse Leben
Das gilt insbesondere dann, wenn es nur eine evangelische Kirche im Dorf gibt.
Abschließend möchten wir nochmals betonen, dass das gesamte Gemeindezentrum mit der Kirche unter dem Kreuz, mitten in Nottuln, neben jedem persönlichen Zuhause das gemeinschaftliche Zuhause aller evangelischen Christen in Nottuln ist - so soll es bleiben! Ob das endgültig gelingt, werden andere Institutionen entscheiden, zum einen die westfälische Landeskirche, zum anderen der Bürgermeister Dr. Dietmar Thönnes, der auch Theologe (katholisch) ist, sowie der Gemeinderat und letztendlich vielleicht sogar Gerichte.
Wir als Redaktion können uns nichts vorwerfen, wir haben alles dafür getan, auch gegenüber der Westfälischen Landeskirche und hoffen nun, dass die viele Zeit und die Nerven, die wir dabei geopfert haben, nicht umsonst waren und das Evangelische Kirchengemeindezentrum nicht stirbt, auch nicht in Raten.
Letztendlich wird es sich zeigen, ob soziale, christliche Projekte eine wirkliche Chance in Nottuln bekommen und ob insbesondere ein Bürgermeister, aber auch der Gemeinderat wirklich sozial verantwortungsvoll denken und vor allen Dingen handeln. Das gilt natürlich auch für die Westfälische Landeskirche, die ihrer hohen Verantwortung gerecht werden muss. Andernfalls wird das Moehlsche und gemeinsame dörfliche Erbe, nämlich das evangelische Kirchenzentrum, in das seinerzeit mehrere Millionen Gemeindegelder investiert wurden, von der Bildfläche verschwinden.
Die Auswirkungen wären katastrophal. Den Bürgern würde somit das Fundament für christliches, religiöses Denken und Leben in Nottuln genommen. Was zurück bleibt, wird eine völlig gespaltene Gesellschaft sein, der Nährboden für eine extrem negative Entwicklung in Nottuln.

Ihre Redaktion
Karin und Jürgen Gerhard

(Aktualisiert am 25.2.2025)