Direkt gelebte Demokratie in Nottulner Ausschüssen gefährdet
Nur zuhören - nicht mitreden! So lautet die Überschrift am Montag, dem 21. August 2023, über einem Artikel in den Westfälischen Nachrichten. Dadurch entsteht wohl auch im Sinne des Bürgermeisters Dr. Dietmar Thönnes der Eindruck, dass dies nunmehr eine unumstößliche Tatsache ist. Verstärkt wird dieser Eindruck durch den ersten Satz im nachfolgendem Artikel, der wie folgt lautet: "In der Gemeinde Nottuln geht ein Stück gelebte Tradition der direkten Bürgerbeteiligung verloren!"
Zudem wird im Artikel hervorgehoben, dass Bürgermeister Dr. Dietmar Thönnes die Rechtsauskunft der Kreisverwaltung Coesfeld wie folgt zusammenfasst: "Es gibt kein Rederecht von Bürgerinnen und Bürgern in Sitzungen der politischen Gremien". Später betonte er noch, dass diese Regelung ab sofort gilt - da hatte es jemand offensichtlich sehr eilig.
Die detaillierte Rechtsauskunft, warum das genau so sein soll und die genaue Angabe der Rechtsgrundlage bzw. Rechtsquelle blieb der Bürgermeister leider schuldig, es wurde nur ganz allgemein die Gemeindeordnung angeführt. Die offensichtlich detaillierte Rechtsauskunft der Kreisverwaltung Coesfeld wird bedauerlicherweise auch nicht veröffentlicht. Somit bleibt vieles im Dunkeln und unklar. Bürgerinnen und Bürger können daher das Verhalten des Bürgermeisters nicht nachvollziehen.
Wir wollen versuchen, etwas Licht ins Dunkle zu bringen. Doch bevor wir damit beginnen, möchten wir auf die Art und Weise, wie das Verfahren abgelaufen ist, eingehen. Uns ist nicht verständlich, warum der Bürgermeister gleich den Landrat des Kreises Coesfeld als kommunale Aufsichtsbehörde eingeschaltet und somit (wie man im Volksmund sagt) "Schlafende Hunde geweckt hat"? Damit kein falscher Eindruck entsteht, hiermit ist die Sache gemeint und auf keinen Fall die Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter dieser Behörde!
Angesichts der Tatsache, dass wir uns in Nottuln im Gegensatz zu vielen anderen gleich großen Gemeinden einen ausgebildeten Volljuristen leisten, ist diese Handlungswiese noch viel weniger verständlich und nachvollziehbar. Insofern hätte doch die Rechtslage im eigenen Hause geklärt werden können. Was übrigens noch nicht kommuniziert wurde, wer genau den Anstoß dem Bürgermeister dazu gegeben hat?
Doch nun zur Rechtslage, wie sie sich uns zurzeit darstellt: Rechtsgrundlage ist die Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW). Insbesondere kommt hier wohl der § 58 "Zusammensetzung der Ausschüsse und ihr Verfahren" zur Anwendung, der unter folgendem Link einsehbar ist:
https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_detail?sg=0&menu=1&bes_id=6784&anw_nr=2&aufgehoben=N&det_id=609717
Beurteilen Sie bitte auch selbst, was dort steht. Zum Beispiel steht dort nicht, dass Bürger in den Ausschüssen der Gemeinden ein Rederecht haben. Dort steht aber auch nicht, dass Bürger in den Gemeinden kein Rederecht haben. Insofern gibt es unseres Erachtens kein klares eindeutiges Verbot, von Redebeiträgen der in den Ausschüssen anwesenden Bürger, zumindest dann nicht, wenn sie aktiv legitimiert bzw. vorwiegend betroffen von den dort getroffenen Entscheidungen sind. Das findet auch Unterstützung im Absatz drei des § 58. Dort ist nachzulesen: "Die Ausschüsse können Vertreter derjenigen Bevölkerungsgruppen, die von ihrer Entscheidung vorwiegend betroffen werden und Sachverständige zu den Beratungen zuziehen." Das heißt sicherlich nicht, dass die Hinzugezogenen in den Ausschüssen nur stumm herumsitzen sollen, sondern sich aktiv an den Beratungen beteiligen können.
Natürlich muss noch weiter recherchiert werden, das werden wir gegebenenfalls auch tun, um möglichst zu einem endgültigen Ergebnis zu kommen, denn das ist auch die Pflicht von Journalisten. Insofern muss sicherlich noch manches Gespräch geführt und entsprechende Kommentare zum Kommunalrecht gewälzt werden. Vielleicht gibt es diesbezüglich auch schon verwertbare Gerichtsurteile? Leider bleibt den beruflichen in Tageszeitungen voll angestellten Journalisten hierzu oft nicht die Zeit, denn gerade dieses Personal wurde in den letzten Jahren ausgedünnt.
Die Redaktion des NB interessiert sich natürlich weiter für dieses Thema, denn Redemöglichkeiten zu aktuellen Themen in den politischen Ausschüssen, von denen Bürgerinnen und Bürger Nottulns betroffen sind, waren und sind auch in Zukunft ein zentrales Thema der Demokratie in Nottuln.
Wohlgemerkt, wir reden hier nicht nur von Rederechten, sondern auch von Redemöglichkeiten, die unseres Erachtens in den Nottulner Ausschüssen weiterhin durch Zulassung der Vorsitzenden praktiziert werden können!
Es kann nicht sein, dass bestimmte von Nottulner Bürgern gewählte Politiker, damit meinen wir auch unseren Bürgermeister, verursachen, dass Nottulner Bürgern dieses letzte bisschen Recht bzw. die letzte Möglichkeit gelebter direkter Demokratie in den Ausschüssen plötzlich genommen wird. Ist es nicht seltsam, dass in den vergangenen Jahrzehnten genau diese Mitwirkung der Bürger in den Ausschüssen niemand beanstandet hat - wo war denn da die kommunale Aufsichtsbehörde? Es ist doch sehr unwahrscheinlich, dass ihr die praktizierte Handlungsweise in den Nottulner Ausschüssen über Jahrzehnte hinweg nicht aufgefallen ist, zumal diese doch oft genug in der Tageszeitung dokumentiert wurde.
Wir, die Redakteure des NB, wollen Ihnen nicht verschweigen, dass wir beim Diskutieren und Schreiben der beiden Artikel in Wallung geraten sind. Haben wir doch selbst die Redemöglichkeit in den Ausschüssen in 35 Jahren oft genutzt und wissen daher, dass es kein vergleichbares Mittel der direkten Demokratie in Nottuln gibt und auch in Zukunft nicht geben wird. Das wird letztendlich auch jedes Rats- und Ausschussmitglied wissen.
Auf die Einstellung der Stellungnahmen der einzelnen Ausschussvorsitzenden haben wir vorerst verzichtet, da sie uns trotz unserer Anfrage vom 28. August immer noch nicht vollständig vorliegen (siehe auch Teil 1 dieses Artikels).
Wir wünschen Ihnen trotz allem eine gesunde, angenehme Woche, das Wetter soll schön bleiben.
Mit besten Grüßen
Ihre Redaktion
Karin und Jürgen Gerhard
Spätgotisches Gesamtkunstwerk
Sankt Martinus die spätgotische Hallenkirche direkt gegenüber den Kurien gelegen, ist fürwahr das größte Kunstwerk der Gemeinde Nottuln. Im Jahre 1489 wurde mit ihrer Errichtung begonnen. Sie gilt neben Sankt Lamberti in Münster als die schönste und bedeutendste Hallenkirche der Spätgotik in Westfalen. Schon von Weitem, egal aus welcher Richtung man kommt, ist ihr Kirchturm mit der Welschen Haube gut erkennbar. Eigentlich sollte sie nach dem Willen des Architekten und Baumeisters Johann Conrad Schlaun - nach dem großen Brand von 1498 - nur eine Zwischenlösung sein. Doch prägt sie nunmehr seit Jahrhunderten bis zum heutigen Tage die Silhouette von Nottuln und ist zum Wahrzeichen des geschichtsträchtigen Ortes geworden.
Der älteste Teil der Kirche ist der Kirchturm mit seinen drei Untergeschossen, die vom Vorgängerbau einer romanischen Steinkirche aus dem 12./13. Jahrhundert stammen, der lediglich um ein weiteres Geschoss aufgestockt wurde. Wer zum Glockengeläut möchte, der muss den romanischen engen Treppenaufgang benutzen und wird dort ins frühe Mittelalter versetzt. Das Langhaus hingegen wurde vollständig neu gebaut. Schweizer Maurergesellen sollen die Kirche innerhalb von neun Jahren errichtet haben. Die Hallenkirche selbst besteht aus einem Mittelschiff, zwei Seitenschiffen und einem wunderbaren Netzgewölbe. Auf den nachfolgenden Seiten werden wir Ihnen einige Details dieser herrlichen Kirche optisch vorstellen und in kurzen Beiträgen beschreiben. Seien Sie gespannt auf eine kleine Reise um und durch das beeindruckende Gesamtkunstwerk Sankt Martinus.
Sankt Martinus strahlt von innen
Der „Münsterländer Marmor“ zeigt auch im Inneren der Kirche sein Farbenspiel. Je nach Lichteinfall und Tageszeit strahlt er in einem hellen grauweiß bis zu einem warmen, anheimelnden gelblichen Ton. Selbst auf kleinen Flächen changiert er in vielen Nuancen. So ist es für alle Sinne immer wieder ein neues Erlebnis, die Kirche zu betreten. Die zwölf massiven mächtigen Sandsteinsäulen, auf denen das Gewölbe ruht, vermitteln einem das Gefühl von Geborgen- und Sicherheit. Nimmt man auf einer der Kirchenbänke Platz, fällt einem sofort die Stille auf, die das Gebäude ausstrahlt.
Die Kirche ist von innen gegenüber vielen anderen Kirchen sehr hell. Das liegt an den seitlich angeordneten „farblosen“ Kirchenfenstern, durch die Sonnenstrahlen fast ungehindert ins Kircheninnere fallen. Die noch sichtbaren schlichten Leuchten wurden mittlerweile entfernt und durch eine moderne Lichtanlage ersetzt. Diese ermöglicht einzelne Kirchenelemente in den unterschiedlichsten Farben auszuleuchten, was spannende, ungewöhnliche Akzente setzt.
Doch kommt die künstlerische Ausgestaltung der Kirche am wirkungsvollsten bei normaler Ausleuchtung zur Geltung. Das wird auch bei der Betrachtung des Marienaltars, der aus der Zeit um 1900 stammt, deutlich. Die Sandsteinfiguren des Jesuskindes auf dem Schoß von Maria sitzend sowie des Dominikus, der von Maria den Rosenkranz empfängt, sind sehr fein aus dem Münsterländer Sandstein herausgearbeitet. Gerahmt wird diese Szene von einer äußerst zierlichen Rosengirlande. Der heimische Bildhauer Anton Hone hat mit dem Marienaltar, dem Josefaltar »hier nicht abgebildet« sowie dem Hochaltar meisterliche hervorragende Arbeiten der Nachwelt hinterlassen.
Bei der überdachten Holzfigur rechts neben dem heutigen Haupteingang von Sankt Martinus handelt es sich um den Heiligen Martin, der im Jahre 370/71 zum Bischof von Tours geweiht wurde.
Bis hierhin liebe Leserinnen und Leser hatten Sie hoffentlich viel Freude beim Betrachten und Lesen des ersten Teils. Ein zweiter und dritter Teil wird sehr wahrscheinlich folgen.
Mit besten Grüßen
Ihre Redaktion
Karin und Jürgen Gerhard
- Artikel mit Ergänzung vom 27. Aug. und 2. Sept. 2023, siehe unten -
"Der Hund, dem man einen Maulkorb anlegt, bellt mit dem Hintern", so der deutsche Dichter Christian Johann Heinrich Heine (Harry Heine), der in diesem Zusammenhang folgendermaßen fortfährt: "Das Denken auf Umwegen äußert sich noch missduftiger, durch Perfidie des Ausdrucks."
Auch der Mensch lässt sich keinen Maulkorb anlegen, das sollte unser Bürgermeister Dr. Dietmar Thönnes eigentlich wissen. Wir (die Redakteure) wohnen jetzt seit 35 Jahren in der Gemeinde Nottuln und kein Bürgermeister ist unseres Wissens - zumindest öffentlich - auf die Idee gekommen, den interessierten, betroffenen Bürgern in den Ausschüssen des Gemeinderates das Sprechen zu verbieten, das wäre schon ein starkes Stück!
Nunmehr hat offensichtlich der Bürgermeister und sein beratender Rechtsrat Stefan Kohaus diesbezüglich eine Anfrage an den Landrat des Kreises Coesfeld Dr. Christian Schulze Pellengahr gestellt, denn ohne Grund wäre der wohl kaum darauf eingegangen. Übrigens was seine Stellungnahme betrifft, so ist kaum vorstellbar, dass der Landrat der Gemeinde Nottuln diesbezüglich eine Weisung erteilt hat - soweit geht wahrscheinlich auch nicht seine Entscheidungsbefugnis.
Den beiden Verwaltungsvorständen der Gemeinde Nottuln kann nur empfohlen werden, über ihre Vorstellungen von Demokratie in den Ausschüssen gründlich nachzudenken und sich nicht hinter der Stellungnahme des Landrates zu verstecken, denn das Mitwirken von Bürgern hat in Nottuln nicht nur eine historische, sondern auch eine grundsätzliche Bedeutung. Das Ergebnis kann eigentlich nur sein, von einer massiv einschränkenden Regelung schnellstens Abstand zu nehmen.
Den an den Ausschusssitzungen teilnehmenden, betroffenen Bürgern darf nicht das letzte bisschen unmittelbare Mitwirkung an einem demokratischen Prozess genommen werden, das wär mehr als fatal für die Demokratie in der Gemeinde Nottuln. Das ist sicherlich auch jedem Ausschuss- bzw. Gemeinderatsmitglied bewusst. Das Redebeiträge der Bürger mitunter eine gewisse Emotionalität begleitet, liegt primär in ihrer unmittelbaren Betroffenheit zu dem angesprochenen Thema und ist kein Grund, Ihnen in Zukunft das Rederecht zu verweigern.
Die Demokratie ist keine einfache, aber die solideste und gerechteste Staatsform, die es auf unserem Erdball gibt und sie wird von lebendigen Bürgern und nicht von Duckmäusern gestaltet. Wir sollten zumindest in Nottuln damit aufhören, die Demokratie zu "vereinfachen" und einzuschränken, indem wir die Beteiligungsrechte von Bürgern beschneiden - währet den Anfängen.
Die verschiedenen Ausschüsse in der Gemeinde Nottuln waren seit Jahrzehnten eine besonders gute Schnittstelle für die Bürgerbeteiligung, so etwas gibt man nicht einfach auf. Gerade aufgrund der politischen Entwicklung in Deutschland benötigen wir weitreichende Beteiligungsrechte von Bürgern, auch in Nottuln! Es ist sicherlich nicht verkehrt die Bürger von Nottuln generell zur Teilnahme am Gemeinwesen zu motivieren, denn das macht eine Gemeinde nach außen, über ihre Grenzen hinweg, attraktiv. Das alles sollten wir unserem Bürgermeister und den Politikern gegenüber deutlich zu erkennen geben.
Wahrscheinlich brauchen wir in einigen Gemeinden sogar die Veränderung der DNA hin zur Bürgerkommune, doch das ist ein langer Weg. Allerdings würde ein bisschen Rückenwind dahin sicherlich nicht schaden, sondern eher von Vorteil sein.
Mit demokratischen, besten Wünschen für eine weiterhin willkommene Bürgerbeteiligung in den Ausschüssen.
Ergänzung vom 27.8.2023:
Auch wenn es tatsächlich kein Rederecht im Rahmen der Gemeindeordnung geben sollte (?), so hatten doch bisher ausnahmslos alle demokratischen Ausschussvorsitzenden den Mut, den Nottulner Bürgern im Rahmen der Selbstverpflichtung die Möglichkeit zu geben, etwaige Bedenken oder auch konstruktive Anregungen zu den besprochenen Vorhaben zu äußern. Mehrfach flossen diese auch in die späteren Empfehlungen der Ausschüsse an den Gemeinderat ein. Schließlich steckt gerade in Nottuln bei vielen Bürgern ein hohes Potential an Fachwissen aus den unterschiedlichsten Bereichen. Es wäre geradezu schädlich für die Gemeinde Nottuln, das unberücksichtigt außen vorzulassen.
Somit stellt sich letztendlich grundsätzlich die Frage: Wer will eigentlich in Zukunft die Ausschussvorsitzenden daran hindern, weiterhin (wie bisher, auch ohne Rederecht) im Rahmen der bisherigen Selbstverpflichtung (ohne Zwang durch eine gesetzliche Regelung), die anwesenden Bürger im Ausschuss zu Wort kommen zu lassen - etwa der Bürgermeister Dr. Dietmar Thönnes? Das können wir uns nicht vorstellen, schließlich kann sich das ein kristallklarer Demokrat nicht leisten, ohne seinem Ruf auf Dauer erheblich zu schaden.
Wir haben die einzelnen Ausschussvorsitzenden gefragt, wie sie sich in dieser Angelegenheit verhalten wollen und werden nach Eingang der Antworten darüber berichten.
Ergänzung vom 2. Sept. 2023:
Auf unsere Anfrage vom Montag haben wir erst am Freitag, also gestern um 20.30 Uhr, eine gemeinsame Antwort von drei Ausschussvorsitzenden durch Hartmut Rulle per E-Mail übersandt bekommen. Verwunderlich war für uns, dass in den Westfälischen Nachrichten (WN) bereits heute, am Samstagmorgen, dem 2. Sept., die Stellungnahmen der Parteien veröffentlicht wurden, obwohl der Redaktionsschluss bei der WN nach meinem Kenntnisstand spätestens um 17.00 Uhr am Vortag ist. Diese Auskunft bekam ich zumindest immer von der WN, wenn ich früher Leserbriefe dorthin geschickt habe, und das war sehr oft der Fall.
Lediglich der Vorsitzende des Ausschusses für Sport, Kultur und Ehrenamt Martin Gausebeck von der SPD übersandte mir bereits am Mittwoch seine Stellungnahme, dafür sind wir ihm sehr dankbar.
Die Stellungnahmen der Vorsitzenden des Ausschusses für Umwelt und Mobilität, Frau Dr. Susanne Diekmann (Bündnis 90/Die Grünen) und des Vorsitzenden des Rechnungsprüfungsausschusses, Dr. Martin Geuking (FDP) liegen uns leider noch nicht vor.
Trotzdem versuchen wir, bis spätestens Sonntagnachmittag den zweiten Teil des Artikels "Maulkorb für Nottulner Bürger?" in den NB einzustellen. Wir bitten unsere Leser, die zu unserer Freude immer zahlreicher werden, etwas Geduld mit uns zu haben.
Ihre Redaktion
Karin und Jürgen Gerhard
Freiwillige Feuerwehr Nottuln feiert ihren 275. Geburtstag
Gleich 40 Mal brannte es gestern im historischen Ortskern. Doch dieses Mal war es nicht der Ortskern selbst, sondern Gott sei Dank nur 40 Fackeln, die von den Feuerwehrleuten in Erinnerung an den großen Brand in Nottuln am 3. Mai 1748 selbst angezündet wurden und die Gedenkfeier in ein stimmungsvolles Licht tauchte.
Das war übrigens auch der Tag, an dem die Nottulner Feuerwehr zum ersten Mal erwähnt wurde. Schaut man sich jedoch heute Ihre Ausrüstung an, so besteht zwischen damals und heute ein Riesenunterschied - siehe auch nebenstehende Skizze aus unserem Bildband "Nottuln, ein starkes Stück Heimat", https://www.nottuln-blickpunkt.de/313-nottuln-ein-starkes-stueck-heimat.
So äußerte sich sinngemäß auch unserer Bürgermeister Dr. Dietmar Thönnes in seiner Ansprache: "Hätten wir damals schon eine gut ausgestattete Feuerwehr gehabt, hätte dann der Brand so einen großen Schaden im Dorf hinterlassen?". Doch, ob eine gut ausgestattete und durchorganisierte Feuerwehr vor 275 Jahren hätte mehr bewirken können, ist wahrscheinlich zu verneinen, denn der Stand der Technik in der Brandbekämpfung war damals eine anderer und der vorbeugende Brandschutz steckte noch in den Kinderschuhen.
Das eigentliche Problem waren die Häuser selbst, sie hatten oft zu geringe Brandabstände untereinander oder waren ohne Brandschutzwände direkt aneinander gebaut. Von den verwendeten leicht entflammbaren Dacheindeckungen und vor allen Dingen von den vielen offenen Feuerstellen konnten sich die Brände sehr schnell auch durch Funkenflug ausbreiten. Und der Wind war ebenfalls ein Brandförderer, so auch die starken Westwinde beim "Großen Brand" in Nottuln, über den unserer Historiker Hans-Peter Boer aus Nottuln einen eindrucksvollen Vortrag hielt.
Auch Boer sprach in seinem Vortrag von einem ausnehmend starken Westwind und dass die Dacheindeckung bis auf zwei Häuser ausschließlich aus Stroh bestand und somit die Ausbreitung der Feuersbrunst begünstigte.
Hans-Peter Boer versteht es immer wieder, seine Vorträge mit kleinen, erheiternden Geschichten zu spicken, so auch dieses Mal. Auszugsweise möchten wir Ihnen diesen Originaltext sehr gerne präsentieren:
Vor vielen Jahren traf ich einmal den älteren Nottulnern durchaus noch bekannten Druckereibesitzer Gottfried Niemann. Wir kamen auf Themen der Ortsgeschichte zu sprechen und er erinnerte sich, am 3. Mai 1948 in der Mittagszeit die Gaststätte von Bläu-Kentrup betreten zu haben. Wilhelm Kentrup, Blaufärber und später Bürgermeister von Nottuln, habe in seinem Sessel gesessen und beim Glockenschlag die Hand erhoben: „Nu is’t jüst tweehunnert Jaohr hen, dat Nottuln affbrannt ist!“
Tatsächlich hat der Große Brand zu Nottuln 1748 im Dorfleben wie im Bewusstsein bis heute vielfältige Spuren hinterlassen. Jeder einigermaßen Heimatbewusste kennt die Geschichte vom Pfannekuchen-Streit der Familie Kösters, der an der Coesfelder Landstraße Auslöser der Feuersbrunst war.
Doch Feuersbrünste gehören in der Vormoderne zum Alltag. Die Brandschäden in den Wohnhäusern dürften überschaubar gewesen sein. Das Wenige, das die Familien besaßen, ließ sich meist schnell vor den Flammen retten. Bei den Fachwerkhäusern brannte das Feuer vom Dach nach unten durch, wobei die Wände, die traditionell mit Lehm verputzt waren, meistens stehen blieben. Eine Feuerversicherung gab es nicht, die entstand erst etwa 20 Jahre später. Man rettete sich irgendwie und startete auch eine landesweite Hilfskollekte. Es kam die Initiative, Häuser nunmehr mit Ton-Pfannen zu decken. Übrigens: Der Entwurf, die Normmaße und die ersten Model für gebrannte Dachpfannen im Münsterland kamen aus dem Büro Schlauns.
Zum Abschluss seines Vortrages gab Boer noch folgende Arabeske zum Besten: Ein im Türkenkrieg versehrter Edelmann zieht um 1670 mit einem Dromedar durch das Münsterland; er zeigt das wunderliche Tier gegen Almosen auch in Nottuln.
Das war das erste Kamel vor Ort; war es auch das letzte?
Ihre Redaktion wünscht Ihnen weiterhin einen angenehmen Aufenthalt in dem von Johann Conrad Schlaun geprägten historischen Ortskern, den es wohl heute ohne den "Großen Brand" nicht geben würde. Und sollte Ihnen dort tatsächlich ein Kamel begegnen, so haben Sie keine Angst, denn es sollen zumindest liebe Tiere sein. Allerdings sind sie neben weiteren Eigenschaften auch nachtragend, aber das sind einige Nottulner ebenfalls.
und sich alles um die Madeln dreht ...
Zugegebenermaßen, viele Madeln waren leider nicht auf dem Dorfplatz, doch das eingespielte Maibaumteam des Heimatvereins, übrigens alles kräftige nette Burschen, schaffte es trotzdem den Maibaum innerhalb einer Stunde aufzustellen. Die Kirchturmuhr auf dem Bild beweist es, angefangen wurde um 15:05 Uhr. Und kaum war es vollbracht, kam die Sonne so richtig heraus und tauchte den Maibaum sowie den Kirchturm in ein prächtiges Farbenmeer.
Der Maibaum ist seit jeher ein geschmückter Baum oder wie auch in Nottuln ein geschmückter Baumstamm, der nach altem Brauch am 1. Mai beziehungsweise wie jetzt geschehen ein bis zwei Tage vorher aufgestellt wird. Wie ich in Erfahrung bringen konnte, ist bildlich beurkundet, dass in Nottuln bereits 1935 ein Maibaum gestanden hat. In den 1970-Jahren wurde er dann regelmäßig bis heute durch den Heimatverein errichtet, nachdem man ihn bei der Familie Rumphorst verlud und quer durch den historischen Ortskern Nottulns bis zum Stiftsplatz transportierte.
Der geschichtliche Ursprung des Maibaumes ist umstritten, soll aber bereits im Sinne der Verehrung von Waldgottheiten (zum Beispiel Donar oder Thor) bei den Germanen Verwendung gefunden haben. Im Laufe der Jahrhunderte vermischte sich heidnisches und christliches Brauchtum miteinander. So wird heute in ganz vielen Gegenden unseres Landes der 1. Mai mit der Errichtung eines Maibaumes gefeiert, der als Symbol des neu erwachten Lebens im Frühling und der Fruchtbarkeit gilt.
Wir wollen Ihnen die Errichtung des Maibaumes auf dem Stiftsplatz in Nottuln anhand von einigen Bildern mit Textlegenden in der nachfolgenden Bildergalerie "erzählen" und wünschen Ihnen dabei viel Freude.
Abschließend muss anerkennend festgestellt werden, es war wirklich ein sehr gut eingespieltes Team, was hier vom Heimatverein tätig war, jeder Handgriff saß! An diesem Maibaum werden sicherlich noch viele Betrachter direkt vor Ort ihre Freude haben.
Mit besten Grüßen
Ihre Redaktion
Jürgen und Karin Gerhard
Noble Fahrradhotels machen keine fahrradfreundliche Gemeinde
Diese Erkenntnis wird allen Nottulnern spätestens deutlich, wenn sie heute aus den Medien erfahren, dass Nottuln in der Wertung des ADFC Fahrradklima-Test 2022 der Gemeinden unter 20.000 Einwohner (bei 474 Nennungen) auf dem 278. Platz mit der Note "Ausreichend" gelandet ist. Selbst unsere Nachbargemeinden Billerbeck (Platz 19) und Havixbeck (Platz 46) liegen noch vor uns.
Schuld daran sind in Nottuln offensichtlich die maroden, schadhaften Fahrradwege, doch die sind letztendlich das Wichtigste für den aktiven Fahrradfahrer. Hierbei spielt natürlich die Sicherheit eine wesentliche Rolle und diese ist natürlich noch viel weniger gegeben, wenn die Radfahrer aufgrund beschädigter Fahrbahnen auf die Straße ausweichen müssen - da helfen auch keine Hinweisschilder. Doch dieser Zustand ist ja nicht erst seit gestern vorhanden.
Folglich war und ist es sicherlich sinnvoller, finanzielle Mittel aus der Gemeindekasse für die Verbesserung der Radfahrwege zu verwenden, das kommt schließlich allen Radfahrern zugute und nicht nur einem begrenzten kleinen Klientel. So hat zum Beispiel die Gemeinde Wettringen seit 2019 vier Millionen Euro in den Radwegausbau gesteckt und bekam dafür in der Gesamtwertung die Endnote 2,0, das bedeutete Platz 1: „Chapeau!“
Was den Denkmalschutz anbetrifft, so wirken die exklusiven, vom Hersteller/Vertrieb benannten Bike-Hotels für insgesamt fünf Fahrräder, wie Fremdkörper im historischen Ortskern und beeinflussen das Gesamtbild des geschichtsträchtigen, historischen Ortskerns negativ (siehe Bild links). Wenn es denn unbedingt sein muss, gibt es dafür bessere Standorte. Die Nutzung ist übrigens für Fahrradfahrer kostenlos.
Wir hatten unserem Bürgermeister Dr. Dietmar Thönnes mitgeteilt, dass wir vorhaben - wie bereits von der WN geschehen - ebenfalls einen Artikel bezüglich der Fahrradhotels im Nottulner Blickpunkt zu veröffentlichen und ihm vorher die Gelegenheit gegeben, einige Fragen kurzfristig zu beantworten. Laut seiner Mitteilung wird die Beantwortung allerdings eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen, weil die zuständigen Mitarbeitenden gerade in laufenden Projekten stark eingespannt sind.
Um die Aktualität auch im Hinblick auf die Artikel in der WN zu wahren, haben wir uns entschlossen, diesen kurzen Artikel einzustellen und mit Rücksichtnahme daraufhin, später, nachdem die Mitteilung unseres Bürgermeisters hier eingegangen ist, ihn zu ergänzen.
Anmerkung:
Die Mitteilung der Gemeinde ist eingegangen, Ergänzung ist unten erfolgt.
Mit besten Grüßen
Die Redaktion
(Aktualisiert am 25. 04.2023, um 18:40 Uhr)
Ergänzung des Artikels aufgrund der gemeindlichen Stellungnahme:
Der Nottulner Blickpunkt hat aufgrund seiner Anfragen an den Bürgermeister die Stellungnahme der Gemeinde Nottuln erhalten. Dipl.-Ing. Daniel Krüger nahm im Auftrag des Bürgermeisters Dr. Dietmar Thönnes dazu Stellung.
Kosten für die Gemeinde
Der Stellungnahme entnehmen wir, dass die Gesamtkosten für die Fahrradhotelanlage insgesamt rund 13.000 Euro betragen. Sie sind Bestandteil eines Gesamtprojektes, was nach LEADER zu 65 % gefördert wurde.
Somit verbleibt bei der Gemeinde Nottuln ein Eigenanteil von 4.550 Euro, das ist kein Pappenstiel!
Standort der Anlage
Daniel Krüger: "Der Standort wurde durch Herrn Dr. Thönnes und weiteren Mitarbeitern der Verwaltung ausgesucht. Hintergrund war, dass aufgrund des Denkmalschutzes im direkten Ortskern Fahrradboxen nicht gepasst hätten. Die gewählte Fläche ist nicht im direkten Ortskern und stand als ungenutzte Freifläche zur Verfügung (es mussten keine Parkplätze aufgegeben werden). Der Denkmalschutz war beteiligt und hat verschiedene Standortvorschläge im Ortskern ausgeschlossen, v. a. wenn sie direkt vor einem Denkmal lagen und den Blick hierauf beeinträchtigt haben: z. B. Aschebergsche Kurie, Alte Amtmannei."
Diese Aussage kann der Nottulner Blickpunkt nicht nachvollziehen. Im obigen Bild wird deutlich, dass die Fahrradhotelanlage rund 15 m vor dem Fachwerken-Ensemble vor der Kurie von Droste zu Senden (Rathaus) errichtet wurde, das ebenfalls zum historischen Ortskern gehört. Wir betonen noch einmal, dass die moderne Fahrradhotelanlage wie ein Fremdkörper im historischen Ortskern wirkt! Aufgrund unserer Fragestellung vermuten wir, dass die Gemeindeverwaltung Nottuln hier wohl in eigener Zuständigkeit als Untere Denkmalschutz-Behörde entschieden hat, ohne die Obere Denkmalschutzbehörde beim Landrat/Kreis Coesfeld oder die Fachabteilung Denkmalschutz beim LWL in Münster zu beteiligen. Ob das die Gemeinde muss oder es sinnvoll erscheint, das sei erst einmal dahingestellt.
Beteiligung des Gemeinderates
Auf unsere Frage, wurde der Gemeinderat beteiligt und wenn ja, wie war sein Votum, bekamen wir folgende Antwort von Daniel Krüger: "Der Gemeinderat wurde immer wieder über das Projekt informiert."
Vorgesehene ordnungsgemäße Nutzung des Fahrradhotels
Unsere Frage hierzu war: „Wie wollen Sie sicherstellen, dass die Fahrradboxen nicht von Dauerparkern z. B. der Sparkassenmitarbeiter, der Gemeindemitarbeiter oder Mitarbeitern anderer Institutionen und Firmen genutzt werden?"
Daniel Krüger: "Die Boxen sollen den Bürgern/Touristen als sichere Abstellmöglichkeit dienen. Aufgrund der einfachen Verfügbarkeit (wer zuerst, der zuerst) kann jedoch eine Nutzung durch Dauerparker nicht ausgeschlossen werden, wie bei jedem Parkplatz. Wir bewerben die Abstellanlage über die touristische Medien und haben die Bürger:innen über die Presse über die Nutzung informiert."
Das halten wir für keine hinreichende Beantwortung unserer Frage! Somit ist wahrscheinlich dem Missbrauch der Fahrradhotelanlage Tür und Tor geöffnet. Der vom Bürgermeister im Artikel der Westfälischen Nachrichten angesprochene Fahrradtourist, mit seinem schwerbeladenen Fahrrad inclusive Packtaschen, ist dann unseres Erachtens völlig chancenlos.
Unser Schluss-Resümee lautet:
Eine so noble und teure Einrichtung wie die Fahrradhotelanlage für nur fünf Fahrräder und dann noch im historischen Ortskern, ist im wahrsten Sinne des Wortes fehl am Platze! Ein Unterstellplätzchen, ähnlich wie die abgebildete Einrichtung für die Fahrräder des Ratshauspersonals hätte ausgereicht. Überdies könnte die bereits vorhandene Einrichtung allen anderen Fahrradfahrern nach Feierabend und an Wochenenden zur Verfügung gestellt werden. Ein kleines Hinweisschild auf diese Möglichkeit ist sicherlich sinnvoll, weil der Fahrradunterstand etwas verborgen im Hinterhof der Sendenschen Kurie - Rathaus - liegt (siehe Bild). Zudem ist es wesentlich billiger als die Anschaffung und Aufstellung so nobler Fahrradhotels, zu denen der profane Name „Fahrradbox“ nun wirklich nicht ganz passt.
Ein Passant sagte angesichts dieser Anlage mit einem Augenzwinkern: "Das sind wohl jetzt die Außentresore der Sparkasse." Es gab übrigens viele Gerüchte über diese Anlage, da sie schon vor Wochen aufgestellt und erst kürzlich bezeichnet und mit entsprechender Nutzungsanleitung versehen wurde.
Trotz allem glauben wir, dass unserer Bürgermeister Dr. Dietmar Thönnes die Zeichen der Zeit längst erkannt hat und den Fahrradwegausbau incl. Fahrradwegreparaturen demnächst auf den Weg bringen wird, schließlich ist er selbst passionierter Radfahrer. Gut wäre es dafür, einen Sonderfonds in der Haushaltskasse einzuplanen, sodass bald mit den dazu erforderlichen Arbeiten begonnen werden kann. Ein „Befriedigend“ für Nottuln als Beurteilung wäre spätestens beim ADFC Fahrradklima-Test 2024 (der Gemeinden unter 20.000 Einwohner) ein gutes Ziel! Wir finden, das sollte machbar sein.
Die Redaktion
Letzte Aktualisierung am 26.04.2023, um 21:14 Uhr